Beusts Kronprinz

Michael Freytag gilt als Architekt der Koalition

  • Susann Witt-Stahl
  • Lesedauer: 2 Min.

Ein Szenario wie auf dem Standesamt bietet sich den Pressefotografen im Kaisersaal des Hamburger Rathauses: Die Landeschefin der Grün-Alternativen Liste (GAL) Anja Hajduk und CDU-Landeschef Michael Freytag Seite an Seite. Das Paar unterschreibt den schwarz-grünen Koalitionsvertrag. Und der Christdemokrat strahlt dabei wie ein Frischvermählter, der sein Glück nicht fassen kann.

Ein ungewohntes Bild von Michael Freytag, der bisher nur Emotionen zeigte, als er im Wahlkampf angebliche Geheimpläne der SPD für eine »Linksfront-Regierung« witterte. Zu Beginn der schwarz-grünen Koalitionsverhandlungen hatte sich der Finanzexperte der CDU nur knochentrockene Stellungnahmen abringen lassen, die eher nach Zwangs- als nach Traumhochzeit klangen: »Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg«, präsentierte sich Freytag eher unromantisch. Sein Motto: Bloß keine Eruption, solange die Koalition nicht auf solidem Betonsockel verankert ist.

Von nüchterner Kalkulation ist auch Freytags Lebensweg gezeichnet: Der gebürtige Hamburger absolvierte eine Ausbildung zum Bankkaufmann. Nach anschließendem Studium der Rechtswissenschaft war er zehn Jahre im privaten Bankwesen tätig. 1991 wurde Freytag zum Abgeordneten der CDU in die Bürgerschaft gewählt, 2001 zum Chef seiner Fraktion. 2004 dann die Berufung in den Senat: Freytag wurde Präses der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt. 2007 trat er die Nachfolge von Finanzsenator Dirk Fischer an. Im selben Jahr noch stieg der längst schon als Ole von Beusts Kronprinz gehandelte Banker zum CDU-Landesvorsitzenden auf.

Aber das war noch nicht alles: Als Architekt des ersten schwarz-grünen Regierungsbündnisses auf Landesebene dürfte Michael Freytag, der kommende Woche seinen 50. Geburtstag feiert, an keinem unbedeutenden Kapitel bundesrepublikanischer Politikgeschichte mitgeschrieben haben.

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