Erwachen der Kindheit im Alter

»Gegenüberglück«. Essays von Sebastian Kleinschmidt

  • Gunnar Decker
  • Lesedauer: ca. 6.0 Min.

Die Melancholie scheint ihm in die Wiege gelegt. Sie wächst, allein schon dadurch, dass die Kindheit sich jeden Tag weiter entfernt und der Tod näherrückt. Eine glückliche Kindheit war es. Etwas vom »Weißen Haus« Hermann Bangs, diesem rituellen Beschwören der Kindheitstage, schwingt so auch in den autobiografischen Blättern »Winke der Herkunft« mit.

Inmitten dieser Kindheitselegie ist der Vater Karl Kleinschmidt ein freundliches Kuriosum. Als religiöser Sozialist ein Gegner der Nazis, gehörte der Schweriner Domprediger zu denen, die die DDR von Anfang an als ihren Staat gewollt hatten. Pfarrer und SED-Mitglied, Verfasser eines sozialistischen »Knigges« (»Keine Angst vor guten Sitten«), worin er den rüden Proletkult der 50er mittels einer Kultur der Umgangsformen zu verfeinern hoffte, schrieb er mit der gleichen Selbstverständlichkeit Bücher über die Reformation wie über Kurt Tucholsky.

Im Schweriner Pfarrhaus war das Dogma unbekannt. K...


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