Luise – keine radelt so wie diese!

Radsport: Straßenmeistertitel an Luise Keller

  • Günter Berg
  • Lesedauer: 3 Min.

Luise Keller aus Jena vom Team High Road verteidigte am Sonntag in Bochum nach 114,6 km ihr Meistertrikot im Straßenradfahren der Frauen mit einem Soloritt. Da scheint es schon berechtigt, wenn man sagt: »Luise – keine radelt so wie diese!«

92 Fahrerinnen schwangen sich auf der Bochumer Königsallee in den Sattel. Immerhin erreichten 78 von ihnen das Ziel. Keine schlechte Quote. Als unangefochtene Herrscherin auf der Königsallee entpuppte sich Luise Keller. Nach dem Millenniumsjahr 2000 glückte es damit erneut einer Thüringerin, den Meistertitel zu verteidigen. Zuletzt war dieses Kunststück der gebürtigen Geraerin Hanka Kupfernagel 2000 geglückt.

Wahrscheinlich hätte die Zeitfahr-Weltmeisterin Kupfernagel in Bochum erneut auf dem Treppchen gestanden. Doch vier Kilometer vor dem Ziel klopfte die Defekthexe Kupfernagel auf die Schulter. Hinterrad-Platten! »Als Einzelstarterin war ich leider auf den neutralen Materialwagen angewiesen. Der Helfer war nicht ganz so flott. Das neue Hinterrad schliff«, so Kupfernagel. Sie musste später noch einmal vom Rad. Aus der Traum vom 25. deutschen Meistertitel.

Das Team High Road führte die Konkurrenz zunächst mit einem alten Bauerntrick hinters Licht. Ina-Yoko Teutenberg und die Weltcup-Führende Judith Arndt (Leipzig) galten als hoch gehandelte Favoritinnen. Die schnelle Teutenberg kann in dieser Saison bereits auf zehn Siege verweisen. In Bochum rollte das Duo in schöner Eintracht im Hauptfeld knapp 13 Minuten hinter der Siegerin ins Ziel.

Ihr taktisches Netzwerk hatte die Saxonia-Amerikanerin Petra Roßner (Leipzig) für ihr US-High-Road-Team ziemlich verwirrend ausgeworfen. Zwei Runden vor Schluss zog plötzlich die Cottbuserin Anke Wiechmann los. Bis auf 30 Sekunden hatte sie ihren Vorsprung ausgebaut. Als Hanka Kupfernagel, Tina Liebig (Gera) und der ehemaligen Ruderin Eva Lutz (Hannover) die Situation unheimlich wurde, jagten sie der Ausreißerin hinterher. In ihrem Schlepptau die Titelverteidigerin. »In dem Moment, als wir am Berg bis auf zehn Meter hinter Anke waren, zog ich los. Ich gewann schnell einen Vorsprung von neun Sekunden. Als man mir den Vorsprung zurief, ließ ich nicht mehr locker«, schilderte die Meisterin Luise Keller.

Die Wechselvariante an der Spitze gehörte ebenfalls zu den taktischen Kabinettstückchen der High-Road-Fahrerinnen. »Wenn wir Anke nicht erreicht hätten, wäre sie Meisterin. So fiel die Aufgabe mir zu, den Titel zu sichern«, freute sich die Ingenieurstudentin Keller. Das Studium verschlug sie von Jena nach Cottbus.

Gegen das beeindruckende Solo Kellers vermochten auch die Frauen der starken, zahlenmäßig überlegenen Equipe Nürnberger nichts entgegenzusetzen Petra Roßner stichelte: »Wir sind taktisch doppelt so schlau wie die Nürnberger, deshalb brauchen wir nur halb so viele Leute.«

Olympia wird die 24-jährige deutsche Meisterin Luise Keller allerdings leider nur vor dem Fernseher verfolgen können. Deutschland hat im Straßenradsport der Frauen nur drei Plätze. Für Peking sind bereits Hanka Kupfernagel, Judith Arndt (Leipzig) und Trixi Worrack (Cottbus) vorgesehen. Kellers Trost: »Ich bereite mich auf die WM im September in Italien vor. Das ist auch eine spannende Aufgabe.«

In Italien gehört sie dann zur neuen Mannschaft Columbia. Die Studentin tritt innerhalb eines Jahres erstaunlicherweise unter vier verschiedenen Teamnamen in die Pedale. Back-Point (Holland), T-Mobile, High Road und ab Mittwoch nun Columbia. Der neue Sponsor kommt aus den USA und gehört zu den größten Sportartikelherstellern der Welt.

Frauen (114 km): 1. Keller (Cottbus) 3:16:02, 2. Lutz (Hannover) +0:42 min, 3. Liebig (Frankfurt/Main), 4. Knöpfle (Donaueschingen) beide gleiche Zeit, 5. Kupfernagel (Werder) +1:16, 6. Wiechmann (Cottbus) gleiche Zeit.

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