Ohne Boss läuft alles besser

Israelische Textilfabrik kommt nach der Übernahme durch das Arbeiterinnenkollektiv in Schwung

  • Oliver Eberhardt, Jerusalem
  • Lesedauer: ca. 3.5 Min.

Eines Morgens überreichte der Chef Rina, Samira und den anderen Frauen die Kündigung. Also warfen die Mitarbeiterinnen einer israelischen Bekleidungsfabrik ihr Geld zusammen — und den Boss raus.

Die Klimaanlage brummt. Die Nähmaschinen rattern. Aus einem Lautsprecher plärren die Top 10 der Musikwelle des israelischen Armeeradios. Und ein nicht enden wollendes Gemurmel in Hebräisch und Arabisch perfektioniert die Kakofonie hier, in dieser schmucklosen Halle am Rande Jeruhams, einer noch schmuckloseren Stadt im Norden der Negev-Wüste. »Wir werden die Wüste zum Blühen bringen«, hatte David Ben Gurion, einer der Gründungsväter Israels, einst gesagt, und an Orten wie hier in Jeruham sollte das passieren.

Rina Medina lacht. »So ein Schwachsinn«, sagt sie, »das Einzige, was hier blüht, ist die Armut.« Sie weiß, wovon sie redet: »Beinahe hätte es mich und die anderen Frauen hier auch er-wischt.« Denn eines Morgens vor ungefähr eineinhalb Jahren trat der Chef vor die 178 Mitarbeiterinnen, Männer waren keine darunter, und gab bekannt, dass die Bekleidungsfabrik zum Monatsende geschlossen wäre. Also setzten sich die Frauen, Jüdinnen, Arab...


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