Bomben auf Hochzeitsfeier

Schwerster Angriff der US-Truppen in Afghanistan auf Zivilisten seit Ende 2001

  • Lesedauer: 2 Min.
Bei einem US-Luftangriff in der ostafghanischen Provinz Nangarhar sind nach Erkenntnissen einer von Präsident Hamid Karsai eingesetzten Untersuchungskommission 47 Zivilisten getötet worden. Es war der opferreichste Angriff der Besatzer auf Unbewaffnete seit 2001.
Kabul (dpa/ND). Unter den Opfern des Angriffs auf eine Hochzeitsgesellschaft seien 39 Kinder und Frauen, sagte der Vorsitzende der Kommission, der Abgeordnete Burhanullah Schinwari, am Freitag. Die US-geführten Koalitionstruppen hatten nach dem Angriff am vergangenen Sonntag mitgeteilt, Ziel des Bombardements in Nangarhar seien radikalislamische Aufständische gewesen.

Sollten die Erkenntnisse der Kommission zutreffend sein, wäre es einer der schwersten Angriffe mit zivilen Opfern seit dem Sturz der Taliban Ende 2001. Schinwari betonte: »Das Untersuchungsteam hat herausgefunden, dass 47 Zivilisten bei diesem Luftangriff getötet wurden und dass es keine Beweise für eine Anwesenheit von Taliban- oder Qaida-Aufständischen in der Gegend gab.« Der Untersuchungsbericht sei Karsai noch nicht übergeben worden. Man werde dem Präsidenten die Forderung der Betroffenen nach Bestrafung der Schuldigen übermitteln.

Einen Tag vor dem Vorfall hätten Aufständische einen Posten der Sicherheitskräfte in der Region beschossen, sagte Schinwari. Die Koalitionstruppen hätten daraufhin »auf der Basis falscher Informationen« die Hochzeitsgesellschaft angegriffen. Schinwari sagte, er werde von Karsai verlangen, mit den ausländischen Truppen zu reden, um solche Angriffe auf Zivilisten zu beenden. Der Präsident hatte die internationalen Truppen bereits mehrfach aufgefordert, vorsichtiger vorzugehen.

Die zivilen Opfer bei Militäroperationen sorgen für wachsenden Unmut in der Bevölkerung. Die Zahl der Todesopfer in der Zivilbevölkerung ist im ersten Halbjahr mit 698 registrierten Fällen um fast zwei Drittel gegenüber dem Vorjahr gestiegen.

Nach einem Luftangriff in der südostafghanischen Provinz Paktia kam unterdessen ein Taliban-Kommandeur ums Leben. Ein Sprecher der Rebellen, Sabihullah Mudschahid, bestätigte am Freitag den Tod von Omar Hakkani. Die Internationale Schutztruppe ISAF teilte mit, bei einem Luftangriff in der südafghanischen Provinz Kandahar seien bereits am Mittwoch mehrere Anführer der Aufständischen getötet worden. Bei einem Anschlag in der Südostprovinz Paktika seien am Donnerstag zwei Soldaten gestorben.

In der südafghanischen Provinz Helmand wurden neun britische Soldaten beim Angriff eines Hubschraubers ihrer eigenen Streitkräfte verletzt. Die Besatzung habe die Bodentruppen für Taliban-Kämpfer gehalten, teilte das Verteidigungsministerium in London am Freitag mit.

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