»Mich stört's nicht, Favorit zu sein«

Gespräch mit dem dreifachen Weltmeister Tyson Gay (USA) vor dem 100-m-Sprintfinale

  • Lesedauer: 3 Min.
Das 100-m-Sprintfinale am Sonnabend um 16.30 Uhr (MESZ) ist einer der Höhepunkte der Olympischen Spiele. Vor seinem ersten Start gestern in den Vorläufen stand US-Sprinter Tyson Gay, Weltmeister über 100 m, 200 m und mit der Sprintstaffel, den Reportern Rede und Antwort.

Wer ist der Favorit im 100-Meter-Lauf?
Gay: Normalerweise derjenige mit der schnellsten Zeit des Jahres oder der Weltrekordhalter. Aber mich stört`s auch nicht, wenn man mich als Favoriten bezeichnet. Am Ende geht es ja vor allem darum, gut mit dem Druck umzugehen.

Wie machen Sie das?
Nun ich bleibe entspannt, bleibe viel Zeit in meinem Zimmer, konzentriere mich auf mich selbst.

Sie haben sich bei den US-Trials im Juni in Eugene im 200-Meter-Lauf am Oberschenkel verletzt. Als Sie da auf der Bahn lagen, hatten Sie Angst, dass es mit Peking nichts wird?
Im ersten Augenblick habe ich schon Panik gehabt. Mir ist sowas Ähnliches schon mal 2004 am College kurz vor dem wichtigsten Rennen der Saison passiert. Als ich in Eugene so am Boden lag, wurde es aber recht schnell besser. Dennoch war ich wirklich durcheinander.

Wieso haben Sie sich danach in München behandeln lassen?
Dr. Müller-Wohlfahrt ist ein Experte für solche Verletzungen. Bei ihm lassen sich alle möglichen Fußballstars und auch andere bekannte Sportler behandeln.

Nun laufen Sie die 200 Meter nicht, sondern nur die 100 Meter und die Staffel. Ein Vorteil?
Es besteht ein großer Unterschied zwischen dem 100- und dem 200-Meter-Lauf. Nun habe ich die vier Einzelläufe und dann die Staffel. Auf jeden Fall macht es den Druck nicht gerade geringer.

Ebenso viel Druck lastet auf Ihren jamaikanischen Kollegen Asafa Powell und Usain Bolt oder?
Der Druck auf Asafa ist riesig, nehme ich an. Schon lange wollen die Leute in seinem Land, dass er Olympiagold nach Hause bringt. Am liebsten sollen sie Erster und Zweiter werden.

Wie hoch schätzen Sie das Niveau des Sprints derzeit in der Welt ein? Kann schon bald jemand eine 9,6-Zeit laufen?
Es gibt einen Hype wie lange nicht mehr. Bolt und Asafa haben tolle Sachen gemacht zuletzt. Die Leute sagen, ihr könnt gar nicht so schnell rennen, aber für drei Kerle, die 9,7 Sekunden rennen, ist alles möglich. 9,6-Zeiten sind möglich, windunterstützt. Ich bin ziemlich sicher, dass ich das sogar mit legalem Wind schaffen könnte.

Verstehen Sie, dass beim 100-Meter-Lauf stets auch von Doping die Rede ist?
Viele Leute wissen, was ich in den USA mache, um meine Liebe zum Sport zu beweisen. Die vielen Tests, die ich mache und so. Aber das Thema gehört mittlerweile dazu. Sieger in den Vorjahren sind positiv getestet wurden. Ein Olympiasieger hat zu beweisen, dass er sauber ist und dass seine Tests negativ sind.

Wen haben Sie denn schon hier in Peking getroffen?
Den Basketballer Kobe Bryant. Er hat mich gefragt, wie es meinem Bein geht. Das fand ich wirklich verrückt. Ich habe gleich meine Mutter angerufen, um ihr das zu erzählen, und sie fand es genauso verrückt.

Aufgezeichnet: Jirka Grahl, Peking

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