Hauptschule wird abgeschafft

Bildungssenator Zöllner stellt Schulstrukturreform vor / LINKE über Pläne nicht informiert

  • Jörg Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.

Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) will die Berliner Schulstruktur umkrempeln. Sein Konzept stellte er am Mittwoch vor. In der zweistufigen Reform sollen ab 2010 im ersten Schritt die Haupt- und Realschulen zusammengeführt werden. Weiter soll der Ganztagsunterricht ausgeweitet werden. In den Klassenstufen neun und zehn stellt sich Zöllner einen Ausbau des verbindlichen dualen Lernens vor – also wechselweise Schulunterricht und Arbeit in Betrieben –, um den Übergang von der Schule ins Berufsleben besser vorzubereiten.

»Wir müssen die Situation der modernen Gesellschaft mit einbeziehen«, so Zöllner. Das derzeitige vielgliedrige Bildungssystem habe zur Entstehung von »Lern- und Bildungsmilieus« geführt, durch die Kinder und Jugendliche benachteiligt würden. Außerdem könne man sehen, dass der Versuch, die Hauptschulen zu stärken, gescheitert sei. Immer weniger Eltern meldeten ihre Kinder dort an.

Die Gymnasien sollen unangetastet bleiben. Dafür sollen Schüler die Möglichkeit haben, nach dem ersten Schulabschluss weiter in Richtung Abitur zu gehen. Zöllner betonte jedoch, dass die Schulen selber entscheiden sollen, wann Kurse ausdifferenziert werden und ob Schüler auf die gymnasiale Oberstufe gehen können.

Auch über den verbindlichen gemeinsamen Unterricht auf den zusammengelegten Schulen müsse man nachdenken, so Zöllner. »Diesen hochemotionalen Punkt« würde er aber gerne den Betroffenen – Elternvertretungen und Verbänden – überlassen. Eine »Zwangsbeglückung« löse das Problem nicht.

In der zweiten Stufe der Reform ab 2014 sollen die integrierten Haupt- und Realschulen mit den Gesamtschulen zu einer »Regionalschule« zusammengelegt werden. »Wir freuen uns auf die öffentliche Debatte«, sagte Steffen Zillich, bildungspolitischer Sprecher der Linksfraktion, dem ND. In Zöllners Papier sei »eine ganze Reihe von guten Vorschlägen«. Der LINKEN gehen diese aber nicht weit genug. Der Weg zur Einheitsschule dürfe nicht verbaut werden. Zillich kritisierte an dem Vorschlag, dass er nicht auf ein Schulsystem abziele, das »ohne Selektion« auskomme. Die Linksfraktion werde deshalb demnächst einen eigenen Vorschlag in die Debatte einbringen.

Die CDU kritisierte die vorgeschlagene Zusammenlegung als »falschen Weg«, der zu Lasten aller Schüler gehe, und kündigte ebenfalls ein Konzept an. Der bildungspolitische Sprecher der Grünen, Özcan Mutlu, bezeichnete die Abschaffung der Hauptschule als überfällig. Es müsse jetzt damit begonnen werden, Haupt-, Real- und Gesamtschulen zu einer Oberschule zusammenzulegen, die allen Schülern eine Perspektive eröffnet.

Ursprünglich wollte Zöllner seine Pläne bereits am Dienstag in der Senatspressekonferenz vorstellen – unabgesprochen. Damit hatte er für einen Eklat gesorgt: Sowohl die Koalitionsparteien als auch der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) pfiffen ihn zurück. Er habe versucht, dort etwas vorzustellen, was ein persönlicher Vorschlag sei, sagte die Sprecherin der LINKEN, Kathi Seefeld. Hätte er das getan, wäre sein Vorschlag als Senatsmeinung wahrgenommen worden, und die gebe es ihres Wissens nicht.

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