Eine Woche Gründerzeit auf Probe
In Görlitz sollen mehr Mieter in leere Wohnungen in der Innenstadt gelockt werden
In vielen ostdeutschen Innenstädten stehen Häuser leer. Weil Mieter fehlen, werden selbst Denkmäler abgerissen. In Görlitz versucht man statt dessen, Menschen in den Altbau zu locken – mit begrenztem Erfolg.
Kaum war Dorlis Seifert eingezogen, ging die Brille zu Bruch – zerschellt auf den Fliesen im Bad. Hilfe war aber schneller als sonst verfügbar: Von ihrer neuen, zeitweiligen Wohnung lag der Optiker nur zwei Ecken entfernt. »Sonst steigen wir ins Auto und fahren in die Stadt«, sagt die 68-jährige: »Nun waren wir schon in der Stadt.«
Nicht, dass Dorlis Seifert auf dem Land lebte. 1980 bezog sie mit Mann und Kindern eine Wohnung im Görlitzer Neubaugebiet Königshufen. Es gab warmes Wasser und Heizung – »fast ein Lottogewinn«. In den 28 Jahren seither ist sie lediglich ins Erdgeschoss gewechselt; Grund für weiterreichende Umzugspläne gab es nicht. Viele der Nachbarn wohnen ebenso lange im Haus wie sie, Garten und Garage, Ärzte und Läden sind nah. »Selbst der Friedhof«, sagt sie lachend, »ist nicht weit weg.«
Unlängst wechselte das Ehepaar Seifert dennoch die Wohnung und tauschte sparsam sanierte Platte gegen renovierte Gründerzeit...
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