Daytrader

Adolf Merckle / Der 74-jährige Milliardär und Ratiopharmbesitzer spekulierte und verlor

  • Silvia Ottow
  • Lesedauer: 2 Min.

Der laut Forbes fünftreichste Mensch in der Bundesrepublik Deutschland hat sich verspekuliert. Man könnte die Schadenfreude darüber siegen lassen, dass ein so erfahrener Manager und Herrscher über Kopfschmerztabletten, Skilifte, Zementtransporter, Windkraftgeneratoren und Schafe den Hals mit einem geschätzten Privatvermögen von 9,2 Milliarden Dollar immer noch nicht voll genug hat. Wenn da nicht die 100 000 Mitarbeiter der Firmengruppe wären, die jährlich rund 30 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaften. Sie gaben ihrem Patriarchen ganz gewiss nicht den Rat, auf fallende VW-Aktien zu wetten. Beobachter halten es hingegen für möglich, dass Banken dies taten. 40 von ihnen sind momentan an den Kreditverhandlungen beteiligt, die den »Daytrader«, wie sich Merckle nach seiner Vorliebe für das schnelle Tagesgeschäft mit Kauf und Verkauf selbst nennt, retten sollen. Auch eine Landesbürgschaft ist im Gespräch. Die Firmengruppe soll 16 Milliarden Euro Schulden haben.

Für den »Paten von Blaubeuren«, wie das »Manager Magazin« Merckle vor Jahren titulierte, dürfte das Ausbreiten seiner Firmendetails bittere Medizin sein. Er soll Geheimnisse lieben und trotz der Übertragung der Firmengeschäfte an einen seiner Söhne im Hintergrund die Fäden ziehen. Ehemalige Mitarbeiter beschreiben ihn als geizig, raffgierig und streitsüchtig. Er soll wegen der niedrigeren Sätze Steuern nach Blaubeuren statt nach Ulm überwiesen haben. Er soll einen Geschäftsführer gefeuert haben, weil dieser ein zu teures Verwaltungsgebäude baute. Er soll in der Bahn zweiter Klasse fahren und einem Zeitungsbericht zufolge einst eine Sparkasse bei der Politik angeschwärzt haben.

Die Angestellten seines Gutes in Mecklenburg-Vorpommern dürfen angeblich nicht sagen, dass es ihm gehört, obwohl das jeder wisse. Merckle, sagt man, prozessiere gegen jeden, der aufmucke. Sohn Philipp wurde von der Geschäftsführung der Firma Ratiopharm, die mit billigeren Kopien von Originalarzneimitteln, sogenannten Generika, gute Geschäfte macht, suspendiert, als es nicht in Papas Sinn lief. Momentan gilt die Tochterfirma, die vor Jahren wegen des Verdachts der Ärztebestechung in den Schlagzeilen war, als Unterpfand für den Schuldenabbau. Gute Reise statt guter Preise.

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