Glück und Pech machen das Spiel nicht aus

  • Karl-Wilhelm Götte
  • Lesedauer: 4 Min.

Ist Fußball Glücksache? Sicherlich auch; aber wenn das Siegtor in der Nachspielzeit fällt, muss das nicht unbedingt (nur) Glück sein. Luca Toni markierte das 2:1 für den FC Bayern München im Spitzenduell gegen die TSG Hoffenheim 30 Sekunden vor dem Abpfiff. War das Glück? »Keineswegs« meinte der Torschütze. »Ich hatte vorher schon genug Chancen.«

Das stimmt. Doch Hoffenheim, das mit 6500 Fans nach München kam, hatte auch prima Möglichkeiten. Drei Minuten vor Schluss vergab Sejad Salihovic den Matchball zum 2:1, als er an Bayernkeeper Michael Rensing scheiterte.

Hoffenheim wurde anschließend vom gesamten Bayern-München-Clan, also von Rummenigge bis Klinsmann, als stärkster Gegner in der laufenden Saison taxiert. »Es haben nur Kleinigkeiten entschieden«, bilanzierte Kapitän Mark van Bommel sicherlich richtig.

»Wir müssen lernen, solche Spiele nicht zu verlieren«, blickte ein enttäuschter TSG-Torschütze Vedad Ibisevic wieder nach vorne. Der Ligatorjäger hat mit 18 Treffern bisher doppelt so oft eingeschossen wie die Bayernstürmer Klose und Toni (14) zusammen.

Zu kritisieren hatte Hoffenheims Coach Ralf Rangnick an seiner Mannschaft nichts. Im Gegenteil, Bayerns Franck Ribery machte gegen Andreas Beck und Matthias Jaisle kaum einen Stich. Rangnick notierte einen »couragierten Auftritt«, haderte aber auch mit dem Spielplan: »Vor zwei Monaten hätten wir dieses Spiel gewonnen.«

Das 1:1 war Bayerns Philipp Lahm übrigens mit einem abgefälschten Weitschuss gelungen. Glück? Nein, meint Lahm überzeugt: »Unsere Körpersprache nach dem 0:1 hat gestimmt.«

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Lediglich ein einziges Spiel (1:0 gegen den Karlsruher SC) hat Energie Cottbus in der Hinrunde der aktuellen Bundesliga-Saison im eigenen Stadion gewonnen. »Das ist unser Problem«, klagte Trainer Bojan Prasnikar nach dem 0:3 gegen den VfB Stuttgart. Und er fügte wehmütig hinzu: »Wir hätten ein besseres Ergebnis verdient.« Pech gehabt?

In der Tat hatte sich Energie nach dem frühen 0:1-Schock zurück in die Partie gekämpft. Vor allem durch Ivica Iliev, Timo Rost und Dennis Sörensen. Doch sie wurden jeweils im letzten Moment abgeblockt, und Emil Jula scheiterte nach dem Wechsel an der Lattenunterkante (60.). Als der Stuttgarter Jan Simak drei Minuten später nach schönem Zuspiel von Cacau Energie-Schlussmann Tremmel zum zweiten Mal bezwang, war die Moral der Platzherren allerdings gebrochen. »Ich hoffe, wir haben irgendwann mal wieder mehr Glück«, sagte Energietrainer Prasnikar. Ob das reichen würde, ist zu bezweifeln. Energie Cottbus fehlt nicht nur Glück, sondern letzte Entschlossenheit – und ein Knipser

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Glück hat für die üblichen Bundesligaverhältnisse indes wohl Marcel Koller, der Trainer vom VfL Bochum. Es gab zwar ein deftiges 0:4 bei Eintracht Frankfurt. Doch es gibt selbst nach sieben Monaten ohne Auswärtssieg, zwölf Spielen ohne Dreier und dem Absturz auf einen Abstiegsplatz in Bochum keine Trainerdiskussion – so man Vorstandsmitglied Thomas Ernst glauben darf: »Meine Meinung hat sich durch die Niederlage nicht schlagartig geändert. Wir stehen ganz klar zum Trainer. Aber ich erwarte von der Mannschaft, dass sie beim Heimspiel gegen Köln ihren Mann steht und wir mit einem Sieg in die Winterpause gehen.«

Wobei die Bochumer in Frankfurt durchaus auch mit Glück, präziser: mit Pech haderten. Ihr Torhüter Daniel Fernandes war bereits in der fünften Minute nach einem Foul an Martin Fenin des Feldes verwiesen worden. So früh wie noch kein Schlussmann zuvor in der Bundesligageschichte.

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Hertha BSC verlor 0:1 bei Schalke 04. Und zwar nicht mit Pech, sondern drei Tage nach der Pleite im UEFA-Cup gegen Galatasaray Istanbul mit einer schlichtweg mutlosen Vorstellung. Ein weiterer herber Rückschlag, nachdem sich bei Hertha in den letzten Wochen schon viele erneut im UEFA-Cup oder gar noch höher sahen. Sehr richtig analysierte deshalb Trainer Lucien Favre: »Wir hatten zu viele Ballverluste und haben es immer wieder durchs Zentrum probiert. Doch die Bälle kamen zurück wie Bumerangs.« Auch Kapitän Arne Friedrich war vom Auftritt der Elf wenig begeistert. »Wir hätten mehr investieren müssen«, klagte der Nationalspieler, der nun auf einen versöhnlichen Hinrundenabschluss setzt: »Jetzt müssen wir gegen Karlsruhe gewinnen.«

Der Konjunktiv wäre hier passender. Denn den Karlsruhern gelang gerade ein 1:0 gegen Bremen. »Mit Leidenschft und Agressivität, nicht mit Glück«, wie es Trainer Edmund Becker sah.

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