Simbabwes Leiden nimmt kein Ende

UNICEF rechnet mit 60 000 Cholera-Fällen

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Humanitäre Organisationen befürchten mit der beginnenden Regenzeit eine dramatische Ausbreitung der Cholera-Epidemie in Simbabwe. Präsident Robert Mugabe gerät weiter unter Druck.

Kapstadt (Agenturen/ND). Der Leiter des UNICEF-Büros in Simbabwes Hauptstadt Harare, Roeland Monasch, sagte dem britischen Rundfunksender BBC am Wochenende, bis zu 60 000 Menschen könnten an Cholera erkranken. Es sei mit 2700 Toten zu rechnen. Bisher wurden offiziell etwa 600 Verstorbene und 12 700 Erkrankte gezählt. Weil das Gesundheitswesen in Simbabwe wegen der wirtschaftlichen und politischen Krise des Landes weitgehend zusammengebrochen ist, können viele Kranke nicht versorgt werden.

Durch die Epidemie wächst die Kritik an Präsident Mugabe. Der britische Premier Gordon Brown sagte, die Welt müsse Mugabe klar sagen, dass es nun genug sei und er gehen müsse. Der anglikanische Erzbischof von York, John Sentamu, forderte am Sonntag, Mugabe von der Macht zu vertreiben und vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag anzuklagen. Der frühere südafrikanische Erzbischof Desmond Tutu hatte dazu aufgerufen, Mugabe notfalls mit Gewalt, zu stürzen.

Simbabwes staatliche Medien machten dagegen am Sonntag die EU für den Ausbruch der Cholera-Epidemie verantwortlich. Die Seuche sei eine Folge der Sanktionen gegen Simbabwe, hieß es in der Zeitung »The Sunday Mail«. »Der Ausbruch der Cholera ist ein anschauliches Beispiel für die Auswirkungen von Sanktionen auf Unschuldige.« Am meisten litten nicht die Politiker, die durch die Sanktionen bestraft werden sollten, sondern »das arme Volk«, hieß es weiter. Dem Land würden Devisen vorenthalten, die dringend für den Kauf von Chemikalien zur Wasserdesinfektion benötigt würden.

Die EU-Außenminister werden nach Angaben der französischen Ratspräsidentschaft voraussichtlich am Montag die Sanktionen gegen die simbabwische Führung verschärfen. Vermutlich wird die Liste der in der EU »unerwünschten Personen«, die derzeit 170 Personen umfasst, um zehn Namen erweitert. Auch die Vermögen Mugabes und seiner Vertrauten wurden in der EU eingefroren.

Nach Angaben von »Ärzte ohne Grenzen« hat die Cholera inzwischen alle Provinzen Simbabwes erreicht. Koordinator Markus Bachmann warnte im Deutschlandfunk vor einem Übergreifen der Epidemie auf Nachbarländer.

Am Mittwoch hatte die Regierung in Harare wegen der Epidemie den nationalen Notstand ausgerufen und um internationale Hilfe gebeten. Inzwischen hat Mugabe nach Medienberichten Militär und Polizei in Alarmbereitschaft versetzen lassen. In der vergangenen Woche waren Soldaten offenbar erstmals plündernd und prügelnd durch die Hauptstadt Harare gezogen. Die Zeitung »The Herald« hatte am Sonnabend berichtet, dass einige der Soldaten vor ein Kriegsgericht gestellt werden sollen. Im Nachbarland Südafrika berichteten Zeitungen, 10 bis 20 Soldaten seien bereits erschossen worden. Insgesamt befehligt Mugabe 30 000 Militärs und 50 000 Polizisten, die ihm in der Vergangenheit treu ergeben waren. Doch an deren Treue kommen ernste Zweifel auf. Mugabes Kontrahent Morgan Tsvangirai von der Bewegung für Demokratischen Wandel (MDC) hat sich derweil ins Ausland abgesetzt.

Der einstige afrikanische Modellstaat befindet sich in der schwersten Krise seiner Geschichte, gekennzeichnet auch durch eine Hyperinflation. Die Regierung kündigte am Sonnabend im Amtsblatt die Einführung eines 200-Millionen-Dollar-Geldscheins an. Erst am Donnerstag waren drei neue Scheine mit einem Wert von 10, 50 und 100 Millionen Simbabwe-Dollar in Umlauf gebracht worden.

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