• Politik
  • Weichenstellung in Brüssel: Klimaschutz aufgeweicht, Militarisierung vorangetrieben

Mehr Soldaten für weltweite EU-Einsätze

Union forciert Aufbau von Eingreiftruppen

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 2 Min.

Fast unbemerkt angesichts der heftigen Debatten um Konjunkturprogramme und Klimapakete haben die 27 Staats- und Regierungschefs der EU auf ihrem Treffen in Brüssel neue Weichen für die seit Langem angestrebte Militärunion gestellt. »Mehr Soldaten für weltweite Einsätze« – auf diese Kurzformel lässt sich die Gipfel-Vereinbarung bringen. Die Mitgliedstaaten verpflichten sich »zur Entwicklung robuster, flexibler und interoperabler« militärischer Fähigkeiten. Im Lissabonner Vertrag hatte man diesen Punkt gleichsam grundgesetzlich verankert.

Die »dauerhaften gemeinsamen Anstrengungen« zur Stärkung der militärischen Kapazitäten sind darauf gerichtet, in den nächsten Jahren für eine größere Operation weltweit 60 000 Soldaten innerhalb von 60 Tagen einsetzen zu können. Dieses Ziel wurde zum ersten Mal vor zehn Jahren angepeilt, vollständig umgesetzt wurde der Beschluss von Helsinki über eine eigene Eingreiftruppe bisher aber nicht. Auch innerhalb der NATO scheiterten die Europäer bei dem Versuch, gemeinsam mit den USA insgesamt 25 000 Soldaten einsatzbereit zu halten.

Nun soll die Europäische Union als »wichtiger politischer Akteur auf der Weltbühne« zudem gleichzeitig eine Reihe anderer Militäroperationen durchführen können. Gedacht ist an zwei Einsätze zur »Stabilisierung von Konflikten« mit jeweils bis zu 10 000 Soldaten über eine Dauer von mindestens zwei Jahren und an zwei zeitlich befristete »Krisenreaktionsoperationen« unter Einsatz von Gefechtsverbänden. Zu den Zielen gehören die Evakuierung europäischer Staatsbürger innerhalb von zehn Tagen aus Gefahr und die Sperrung des See- oder Luftverkehr in einer Zone, in der die Interessen der EU auf dem Spiel stehen. Die strategische Partnerschaft mit der NATO solle durch eine neue »informelle hochrangige EU-NATO-Gruppe« vertieft werden, um die Zusammenarbeit »pragmatisch« zu verbessern. Dafür werde man u.a. den »europäischen Rüstungsmarkt« ausbauen.

Der Europaabgeordnete Tobias Pflüger, Mitglied des Auswärtigen Ausschusses und Koordinator der Linksfraktion im Unterausschuss Sicherheit und Verteidigung, sieht damit hinsichtlich einer weiteren Militarisierung der EU die schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Eine demokratische, soziale und zivile Europäische Union bedürfe einer völlig anderen vertraglichen Grundlage.

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