Neudeutsche Welle

»diebandbreite« warnt vor »Hexenjagd«

  • Jürgen Elsässer
  • Lesedauer: 3 Min.

In grauer Vorzeit, in den 80er Jahren, gab es im Westen mal eine politische Abteilung der Neuen Deutschen Welle – Popmusik in der Landessprache mit Texten, die die Opposition gegen Faschismus und Krieg tanzbar machten. Die wichtigsten der damaligen Akteure gingen den Weg ihres großen Vorbildes Joschka Fischer: Etwa Campino von den »Toten Hosen«, der sich im vergangenen Jahr mit den Worten zitieren ließ: »Lafontaine ist für mich ein Brechmittel.« Oder Wolfgang Niedecken von BAP, der bereits 1999 für den Krieg gegen Jugoslawien trommelte und jüngst sein Kämpferherz auch für Kongo entdeckte: »Wir sollten nicht wieder kneifen und uns dringend an einer Eingreiftruppe beteiligen.« Kann man solche Musici nicht mit dem Fallschirm über Kivu abspringen lassen, damit sie »uns« vorangehen beim Töten und Sterben? Udo Lindenberg wenigstens blieb zivil, aber die Likörchen im Grand Hotel Abgrund haben seinen Intellekt nicht gerade gefördert.

Marxseidank muss man den Frust nicht unbedingt mit Hochprozentigem ertränken, denn es gibt hochpotenten Nachwuchs: »diebandbreite«, eine Band aus dem heruntergekommensten Loch des ehemaligen Ruhrpotts, aus Duisburg. Kenner haben sie letzten Sommer auf dem ND-Pressefest gehört, jetzt präsentieren sie mit ihrer neuen CD »Hexenjagd« ihr ganzes Können. Musikalisch ist alles drin, was das Herz begehrt: Rap, Rock, Balladen, Reggae, Fusion. Lebten wir in vernünftigen Zeiten und Diether Dehm wäre Kulturminister, würde »diebandbreite« auf allen Wellen dudeln und uns mit easy sound und hartem Beat fit machen, körperlich und geistig.

Jedenfalls: Die 19 Titel bringen nicht nur die müden Knochen, sondern auch die grauen Zellen auf Trab. Denn Leadsänger Wojna und seine Jungs liefern eine wichtige Diskussionsvorlage für die Linke. Schwerpunkt der CD ist die Diskussion um Faschismus, Überwachungsstaat und die sogenannte (!) islamische Gefahr. »Selbst gemacht« – so der Hit des Samplers – sind nämlich nicht nur die Anschläge des 11. September, auch in Europa fingierten die westlichen Geheimdienste Terror »unter falscher Flagge«, damit »Doktor Schäuble« und andere Vorwände für einen totalen Orwellstaat bekommen. Antifaschismus (»Kein Sex mit Nazis«) ist für die Band Selbstverständlichkeit, doch provokativ und wichtig ist, dass sie auch die sogenannten Antideutschen – also selbst ernannte Linke, in Wahrheit rabiate Moslemfresser – mit dem braunen Label versehen: »Sag et doch offen raus, datt du Türken hasst, (...) datt du Palästinenser-Tücher am liebsten verbrennen willst (...) Doch du nennst dich Antideutscher, und nennst dich antinational, hältst dich für links, doch bist wahrhaft ein Fa-scho!« Dagegen helfen die besten Traditionen der Sozialdemokratie, aus der Wojna kommt: »Glück auf, der Steiger kommt!« in Rap-Version. Das fetzt!

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