Mehrheit gegen Kraftwerk in Lubmin

Laut »Mecklenburg-Vorpommern-Monitor« sehen nur fünf Prozent Neonazis als großes Problem

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Nach einer von nun an jährlichen Umfrage ist die Gegnerschaft gegen das bei Lubmin geplante Steinkohlekraftwerk ausgerechnet bei den Anhängern der CDU sehr groß. An ihrem Land lieben die Menschen die Natur – und hassen die Arbeitslosigkeit.

Schwerin (ND-Schäfer). Es gibt selten Bürgerbefragungen in Mecklenburg-Vorpommern, aber trotzdem behaupten die Parteien stets, im Sinne der Mehrheit zu sprechen. Ein gutes Beispiel ist das bei Lubmin geplante Steinkohlekraftwerk des dänischen Staatskonzerns Dong Eneregy: Im Seebad selbst und in der näheren Umgebung gibt es zahlreiche Bürgerinitiativen gegen die Pläne – und doch reklamierte erst kürzlich die Schweriner CDU die Mehrheit der Bevölkerung für das Projekt. Nun gibt es Klarheit: Laut der repräsentativen Meinungsumfrage »Mecklenburg-Vorpommern-Monitor«, die das Münchner Institut »Polis Sinus« gestern im Auftrag der Staatskanzlei vorstellte, ist eine Mehrheit der Landeskinder weiterhin gegen das Kraftwerk.

Demnach wissen drei Viertel der Befragten, dass ein Kraftwerk gebaut werden soll. 42 Prozent befürworten das Vorhaben, 47 Prozent lehnen es ab. 63 Prozent der Gegner sind stark oder sehr stark dagegen. Von denjenigen, die sich als CDU-Anhänger bezeichnen, votieren 52 Prozent dagegen, von den Anhängern der Grünen 68, von SPD und Linken 46 beziehungsweise 45 Prozent. Unter den NPD-Gefolgsleuten sind 31 Prozent dagegen.

Damit scheint sich die Stimmung gegen das Kraftwerk im Verlauf des letzten Jahres aber leicht abgeschwächt zu haben. Im Dezember 2007 hatte eine Forsa-Umfrage im Auftrag der »Osteezeitung« eine Ablehnung von 55 zu 35 Prozent unter den Landesbewohnern ergeben. Gleichgeblieben ist aber eine erstaunliche Relation: Schon bei der Forsa-Umfrage war die Ablehnung des Steinkohlemeilers ausgerechnet unter den CDU-Anhängern besonders stark ausgeprägt. Vor einem Jahr waren gar 59 Prozent der CDU-Anhänger dagegen. Die Nordost-Union gibt sich aber als entschiedene Fürsprecherin des umstrittenen Projekts.

An ihrem Land liebenswert finden die Menschen im Nordosten vor allem die schöne Natur und damit verbundene Tourismus-Potenziale; 34 Prozent der Befragten antworteten in diesem Sinn. Auf der Minusseite kamen fast so viele – 33 Prozent – auf Arbeitslosigkeit und Jugendarbeitslosigkeit. Die Regierungsarbeit wird trotzdem von 51 Prozent der Befragten als »eher gut« bezeichnet; 55 Prozent der 1205 befragten volljährigen Wahlberechtigten sind der Ansicht, das Land habe sich in den letzten Jahren »wirtschaftlich gut« entwickelt, worauf 61 Prozent »schon ein bisschen stolz« sind.

Erstaunlich gering ist die Gefahr durch Rechtsextremismus in den Augen der Einheimischen: Nur fünf Prozent sind vor allem darüber besorgt.

Laut Umfrageleiter Claus Grimm unterscheidet sich das Ergebnis im Nordosten von denen in anderen Ländern beispielsweise dadurch, dass eine Ost-West-Rentenangleichung und ein Mindestlohn hier mehr gewünscht werden als anderswo. Die Beurteilung der Parteien dagegen hebe sich nicht vom Üblichen ab.

Zu denken geben sollte allen gemeinsam eine andere Umfrage, die Anfang des Jahres veröffentlicht wurde: Nur sechs Prozent der Bundesbürger indentifizieren das Kürzel »MV« demnach mit Mecklenburg-Vorpommern, trotz der seit Jahren laufenden Marketingkampagne »MV tut gut«. Woran die Deutschen bei »MV« denken, ist nicht überliefert. Vielleicht an Gerhard Mayer-Vorfelder, den feucht-fröhlichen Ex-DFB-Chef und einstigen erzkonservativen Bildungsminister in Baden-Württemberg.

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