Im Zeichen der Krise

  • Gregor Gysi
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Rechtsanwalt (61) ist Vorsitzender der Bundestagsfraktion der LINKEN.
Der Rechtsanwalt (61) ist Vorsitzender der Bundestagsfraktion der LINKEN.

In Hessen haben die Bürgerinnen und Bürger erstmals die Gelegenheit, über die Anti-Krisenpolitik der vier neoliberalen Parteien Union, SPD, FDP und Grünen abzustimmen.

Sowohl hinsichtlich der Finanz- als auch der Wirtschaftskrise bleibt die Bundesregierung weit hinter den Erfordernissen angesichts des Ausmaßes und der Schwere der Krise zurück. Sie weigert sich, die notwendigen Konsequenzen aus dieser systemischen Krise, dem Scheitern eines deregulierten, finanzgetriebenen Kapitalismus zu ziehen.

Sie nimmt 18,5 Milliarden Euro der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler für die Commerzbank zum Ausgleich der Zockerverluste und zur Übernahme der Dresdner Bank. Diese hat nur einen Wert von 4 Milliarden Euro. Sie erwirbt aber nur ein Viertel des Eigentums und dann noch ohne Stimmrechte. Sie folgt den Interessen der Banken, statt endlich wieder das Primat der Politik über die Wirtschaft herzustellen, was eine Grundvoraussetzung zur wirksamen Bekämpfung der deregulierten Märkte wäre.

Die Bundesregierung stellt nach den 480 Milliarden Euro für die Banken nunmehr einen zweiten Rettungsschirm mit 100 Milliarden Euro auf, nur weil sie sich nicht mit den Banken anlegen will. Damit haften die Steuerpflichtigen für Darlehen, wenn die Banken endlich wieder welche vergeben sollten. Die Banken werden ihrer Aufgabe nicht gerecht. Sie sind zu vergesellschaften.

Kleinkariert fällt das Konjunkturprogramm im Umfang von 25 Milliarden Euro im Jahr aus. Es ist nicht auf die Interessen der Bevölkerungsmehrheit, sondern ganz auf den Wahlkampf zugeschnitten, zumal viele Maßnahmen erst im Sommer in Kraft treten sollen.

Die Kaufkraft steigt nicht erheblich, da die Steuererleichterungen keine nennenswerten Entlastungen bringen. Diese ließen sich nur mit einer sofortigen Erhöhung der Regelsätze von Hartz IV auf 435 Euro, einer 4-prozentigen Rentenerhöhung und der Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns von 8,71 Euro wie in Frankreich erzielen.

Die Investitionen bleiben weit hinter den Erfordernissen zurück. 3,25 Milliarden Euro sind beispielsweise für die Bildung geplant, mindestens 15 Milliarden Euro wären jedoch notwendig, um nicht nur Schulen zu renovieren, sondern um mehr Lehrerinnen und Lehrer einzustellen und um das sozial ausgrenzende dreigliedrige Schulsystem zu überwinden.

Das Konjunkturprogramm der Bundesregierung ist Wasser auf die Mühlen der Neoliberalen, denn wenn es seine Wirkungen weitgehend verfehlt, werden sie wieder behaupten, derartige Programme seien bloßes »Strohfeuer« und taugten nichts.

Bei jeder Krise geht es auch um die Sozialisierung der Verluste in Folge der Wirtschaftskrise und der nicht abzuschätzenden Milliardenverluste der Banken. Abgeordnete aus Union, SPD und FDP wollen dafür erneut Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Rentnerinnen und Rentnern zur Kasse bitten und nicht etwa – wie von der LINKEN gefordert – Bankvorstände und Vermögende, die über eine Millionärssteuer angemessen beteiligt werden könnten. 3,7 Billionen Euro der Megareichen bleiben unangetastet.

Auch darüber werden die Wählerinnen und Wähler, nicht nur in Hessen, abzustimmen haben. Die LINKE war, ist und bleibt die einzige Stimme gegen den Neoliberalismus und seine Fortsetzung in der Krise.

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