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LINKE in Berlin bleibt über Gaza-Krieg entzweit

Landesvorsitzender Lederer über scharfe Kritik »verwundert« / Position: »Die Waffen nieder!«

  • Klaus Joachim Herrmann
  • Lesedauer: 3 Min.
Über die Bewertung des Krieges in Gaza bleibt die LINKE in Berlin gespalten. Landeschef Klaus Lederer bekannte »große Verwunderung« angesichts scharfer Kritik in einem Offenen Brief wegen seines Auftretens auf einer Kundgebung »Solidarität mit Israel – Stoppt den Terror der Hamas«.

In einem Satz zusammengefasst laute seine Position »Die Waffen nieder!«, betonte Klaus Lederer gestern. Er habe sich auf der Kundgebung der Jüdischen Gemeinde am 11. Januar klar gegen den Krieg ausgesprochen und die israelische Politik kritisiert. Gleichzeitig sei von ihm aber auch hervorgehoben worden, dass sich die LINKE bei aller nötigen Kritik »ganz deutlich« von »aufkommenden antisemitischen Tönen in Teilen des Kritikerspektrums« deutlich zu distanzieren habe. »Dazu stehe ich.«

Sehr unterschiedliche Reaktionen habe er indessen zur Kenntnis genommen, ergänzte Lederer, »viel Unterstützung, auch Kritik«. Die Kritik beruhe allerdings nicht selten »auf der verstümmelten Fassung« seiner Rede in der Zeitung »Junge Welt«. Es sei nicht seine Position wiedergegeben, sondern der Versuch unternommen worden, »mir einseitige Parteinahme auf israelischer Seite zuzuschieben«. Solches habe er nie vertreten, »auch auf dieser Kundgebung nicht«.

Die Debatte könne die Partei voranbringen, es könne aber auch der Versuch unternommen werden, »sie an dieser Stelle zu spalten«, warnte Lederer. Er jedenfalls sehe eine »absolute Übereinstimmung« mit dem, was Gregor Gysi im Bundestag seitens der LINKEN vertreten habe. Er bekräftigte: »Gregor sieht das auch so.« Es solle kein Gegensatz suggeriert werden, »der so gar nicht existiert«.

Die Annahme der Einladung der Jüdischen Gemeinde sei ihm »alles andere als leicht gefallen, da ich den Aufruf zur Kundgebung nicht teile«, stellte Klaus Lederer der Wiedergabe seiner Rede im Internet voran. Vor Ort hatte er bereits gesagt, der Aufruf habe eine Solidarität eingefordert, die er so nicht geben könne. Nicht pauschal Institutionen und Staaten, sondern Menschen in Bedrohung und Not gehöre seine Solidarität.

Im Offenen Brief wurde dem Berliner Landesvorsitzenden allerdings genau der Text des Aufrufes vorgehalten: »Israels Selbstverteidigung ist legitim und kein Verbrechen!« Für das Leiden der palästinensischen Bevölkerung sei im Aufruftext ausschließlich Hamas verantwortlich gemacht worden. Dieser überaus einseitigen Sicht widerspreche Lederer nicht und schweige auch »über den zentralen Ausgangspunkt des Nahostkonflikts«, werfen ihm Unterzeichner wie Ellen Brombacher und Hans Modrow vor.

Dem Hinweis Lederers auf Schwierigkeiten mit einer Solidarität »mit Institutionen und Staaten« begegnen die Autoren mit dieser Frage: »Geht es für Sozialistinnen und Sozialisten nicht zuvörderst um die grundsätzliche Schwierigkeit, den Krieg als politisches Mittel zu akzeptieren?« Das sei »doch wohl Konsens in unserer Partei«. Den aber habe er mit seiner Rede und mehr noch mit seiner Anwesenheit auf dieser Kundgebung »faktisch aufgekündigt«. Als »bloße Ausflucht« verstehen seine Kritiker das Bekenntnis Lederers, dass seine Solidarität Menschen in Not gehöre. An anderer Stelle verdächtigen sie ihn »zynischer Relativierung von Krieg als Mittel der politischen Auseinandersetzung«.

Solche Standpunkte erscheinen durchaus unvereinbar, beide Seiten verweisen auf Anhängerschaft. Die LINKE in Berlin bleibt über den Gaza-Krieg entzweit. Immerhin ist sich aber wohl die Landesführung einig. Sie setzt auf das »unumstrittene Existenzrecht Israels wie auch das Recht der Palästinenser, selbstbestimmt in einem eigenen Staat zu leben«. Demonstrationsaufrufe pro Israelis oder pro Palästinenser wurden jeweils wegen Einseitigkeit nicht unterschrieben.

Nach seiner Sitzung ließ der Landesvorstand am Mittwochabend wissen, für ihn stünden Forderungen nach sofortigem Stopp aller Kampfhandlungen und dringend notwendiger Hilfe für die Zivilbevölkerung im Vordergrund. »Klaus hat auf der Kundgebung am Sonntag klare Worte dazu gesagt.« Für eine Friedensbewegung könne es derzeit nur eine Forderung geben: »Die Waffen nieder!«

www.klauslederer.de/willkommen/album/solidaritaet_mit_israel/

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