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Glückskeksweisheiten

»Memento Mori«: Das Georg Friedrich Händel Musical in Halle

  • Roberto Becker
  • Lesedauer: 3 Min.

In einem Pasticcio werden bekannte Musiknummern neu zusammengefügt. Und ohne puristische Bauchschmerzen nochmal vermarktet. Der europäische Großkomponist aus Halle, Georg Friedrich Händel, dessen Sterbejahr 1759 das laufende zu einem Händel-Jahr macht, hat so etwas ohne Bedenken immer mal wieder selbst fabriziert. Gegen ein zusammen gemixtes »Best of«, quer durch sein Werk, ist also von dieser Seite aus erst mal nichts einzuwenden. Im Gegenteil. Der lebensnahe Theaterpraktiker mit dem ausgeprägten Geschäftssinn hätte wohl sicher auch nichts dagegen einzuwenden, auf der Basis seiner musikalischen Einfälle heute ein Händel Musical zu machen.

So ein Unternehmen hat damit per se mehr musikalische Substanz, als so manche verwechselbar dahinwebernde Dutzendware, die man schon vergisst, wenn man sie noch hört. Und wenn dann eine immer noch so fantastische Röhre wie Angelika Weiz und ihre etwas höher, aber auch mit beeindruckender Sicherheit losrockende Kollegin Eva Maria Pickert sich als die beiden »ersten Opernsolistinnen« (sprich Primadonnen) auf ihre Weise an diversen Arienhits und Highlights aus dem Messias versuchen, dann hat das tatsächlich seinen ganz eigenen Crossover-Reiz.

Während man sich zeitgleich zu den Karlsruher Händelfestspielen (Göttingen und Halle folgen im Mai und Juni) in diesem Jahr mit einer komplett historisch barock gewandeten Oper zum Geburtstag des Komponisten am 23. Februar aufwartete, so begann das Händeljahr in Halle mit einem Geburtstagsgruß aus einer ganz anderen Richtung: mit einem Musical. Allerdings kam dieses unabhängig von der Oper und den Festspielen initiierte Unternehmen zwar auf der Bühne des Steintor Varietés zu einhelliger Publikumszustimmung. Von einem richtigen Musical und dessen arteigenen Vorzügen blieb es aber doch meilenweit entfernt.

So wie Lothar Tarelkin die teils seicht, oft aber auch ziemlich eingängig von André Kuntze und Stephan Weiser verrockten Händelnummern locker biografisch zusammenfügte, wäre eine flotte Parodie wohl die bessere Lösung gewesen. Was in Halle jetzt aber an Doppelpantomime, Tänzchen unter der Perücke, und Plausch zwischen Diener und einer adligen Händelverehrerin, zwischen den Musiknummern auftauchte, kam über Glückskeksweisheiten und eine launige Conférence nicht hinaus. Da helfen auch die professionell agierenden Musiker der Grete-Weiser-Band und die Sänger der Halle Voices nicht.

Dass hier ein starkes Erbe, mit dem man gerade in Halle viel mehr Exklusives aber auch abseitig Verrücktes anstellen könnte und müsste, etwas bieder in einem Als-ob verpufft, ist dann doch wieder typisch für die Art, wie die Stadt in ihr Händeljahr schlittert. Immerhin ist die britische Queen die aktuelle Schirmherrin. Aber selbst das Produktionsteam für die neue Festspiel-»Floridante« am Opernhaus wurde auch diesmal wieder erst auf den allerletzten Drücker bestellt und macht obendrein eine jubiläumswürdige Überraschung eher unwahrscheinlich. Aber wie war das? Händel hatte in seiner Heimatstadt zwar einiges gelernt, verließ Halle aber mit 18 Jahren in Richtung große weite Welt. Doch das Händeljahr hat ja gerade erst begonnen. Und immerhin kommt im Herbst mit Cecilia Bartoli dann auch noch ein echter Weltstar für ein Konzert in die Händel-Halle nach Halle. Na dann: Halleluja!

www.musical-mementomori.de, Soundtrack-CD: Antonia Media Records, www.haendel2009.com

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