Politik, ähnlich wie bei der Caritas

Klaus-Eckhard Walker wird LINKEN-Kandidat für den Regionalverband Saarbrücken

  • Martin Sommer, Saarbrücken
  • Lesedauer: 4 Min.
Ende August wird im Saarland ein neuer Landtag gewählt – gute Chancen für ein erstes rot-rotes Bündnis in Westdeutschland. Zwei Monate vorher wählt der Kreis Saarbrücken seinen »Regionalverbandsdirektor« – ein wichtiger Stimmungstest für den landesweiten Urnengang. LINKEN-Chef Lafontaine hat jetzt den Spitzenkandidaten präsentiert – den parteilosen Klaus-Eckhard Walker.

Auf den Tag genau zehn Jahre ist es an diesem Mittwoch her, dass Oskar Lafontaine als Bundesfinanzminister und SPD-Vorsitzender zurückgetreten ist. Jetzt sitzt er entspannt in einem Nebenraum des Restaurants »Archipenko« in Saarbrücken und sagt: »Der Saarländer geht am liebsten heim schlafen, hat Ludwig Harig mal gesagt.« Damit meint Lafontaine aber nicht sich, sondern den Mann zu seiner Linken: Klaus-Eckhard Walker. Der soll für die LINKE im Juni als Kandidat für den Posten des Saarbrücker Regionalverbandsdirektors kandidieren – eine Art Landrat.

Walker hat lange Zeit außerhalb des Saarlandes Politik gemacht und will jetzt zurückkehren. 16 Jahre lang war er Oberbürgermeister im badischen Rastatt. Und auch er war einmal SPD-Mitglied, wie Lafontaine. 2005, während seiner OB-Zeit, hat er sein Parteibuch zurückgegeben, weil die Sozialdemokraten unter Schröder »den Boden ihres eigenen Programms verlassen haben«.

Oskar Lafontaine ist stolz auf diesen Kandidaten – auch wenn er nicht Mitglied der LINKEN ist. Denn Walker habe als einziger Bewerber um das Amt eine langjährige kommunale Erfahrung und sei ein Verwaltungsexperte. »Was die fachliche Qualifizierung angeht, können wir wohl den geeignetsten Kandidaten anbieten«, so Lafontaine. Die SPD schickt Peter Gillo ins Rennen, den stellvertretenden Vorsitzenden ihrer Landtagsfraktion. Die CDU will den Staatssekretär im Umweltministerium, Rainer Grün, zur Wahl stellen. »Ich habe vorhin noch nachfragen müssen, wer dieser Grün überhaupt ist«, gesteht Lafontaine leicht süffisant. Walker ist im Saarland aufgewachsen, war 1976 Chef der Studentenvertretung AStA an der Saarbrücker Universität – als Nachfolger von Ottmar Schreiner – und sechs Jahre lang Geschäftsführer des saarländischen Landkreistages.

Gefragt nach seinen politischen Zielen, bleibt er aber eher einsilbig. Ein Regionalverbandsdirektor könne die Welt ohnehin nicht ändern, »dass ist eben ein Verwaltungsamt«. Entsprechend nüchtern sieht er sich als »Verwalter der Anliegen der Politik«, der schauen muss, wo die Mehrheiten sind. Konkrete Projekte und Forderungen will er noch nicht benennen, nur ganz allgemein stehen Bildung, die Integration von Migranten – mit dem Slogan »Fördern und Fordern« –, die Bekämpfung der Kinderarmut und die Zusammenarbeit mit Gemeinden in Lothringen auf seiner Agenda. Walker ist parteilos und will das auch in nächster Zeit bleiben, aber »von meiner Grundhaltung entspreche ich in großen Teilen dem, was die LINKE sagt«. Zum Beispiel, wenn er – selten kämpferisch – erklärt: »Wer reich ist, kann sich alles kaufen, für den müssen wir nicht Politik machen – das steht auch so auf den Seiten der Caritas, die vertreten eine ähnliche Politik wie die LINKE.«

Ein Unbekannter ist Walker nicht. Als OB war er von Kritikern als »Kurfürst von Rastatt« verschrien. Und ausgerechnet in der Migrationspolitik hat er sich im Badischen schon einen ganz eigenen Ruf erarbeitet: Bei einer Gemeinderatssitzung hatte er gesagt, die Asylbewerber, die in der Staatlichen Gemeinschaftsunterkunft leben, sollten sich den Gepflogenheiten ihres Gastlandes anpassen oder »in den Kongo zurückgehen, wo sie ums Feuer tanzen können, bis sie schwarz werden, was sie aber schon sind«.

Walker wohnte in der Nachbarschaft der Unterkunft und hatte sich wohl durch eine Reggae-Party gestört gefühlt. Bis dahin galt er als besonders aktiv im Kampf gegen Rassismus und Rechtsextremismus. So hatte er etwa dafür gekämpft, dass Rastatt seine Beziehungen zur Partnerstadt Orange in Frankreich einfriert, weil dort ein Politiker der rechtsextremen »Front National« zum Bürgermeister gewählt worden war.

Aus seiner Zeit in Baden nimmt er die Erfahrung mit, Mehrheiten zu suchen und zu finden. Kohabitation – wie es in Frankreich heißt, wenn ein Präsident ohne Mehrheit im Parlament arbeiten muss – ist für ihn »die reizvollste politische Aufgabe«. Im Stadtrat hatte er es mit einer CDU-Mehrheit zu tun, aber damit »keine Probleme: alle meine Projekte sind durchgegangen«, erzählt er. »Die einzigen, die aufgeschrien haben, waren Leute aus der SPD.«

Walker ist der Überzeugung, dass man auch politisch Andersdenkende ernst nehmen muss; »es ist ja nicht alles falsch, was die sagen«. Sollte er wirklich Regionalverbandsdirektor werden, dann würde er etwa beim »Caritas-Flügel der CDU« nach Unterstützung suchen. »Es gibt aber auch noch ein paar Sozialdemokraten in der SPD, die wollen wir auch nicht vergessen«, ergänzt Parteichef Lafontaine.

Die LINKE will kämpfen und rechnet sich gute Chancen aus: 20,7 Prozent hat die Partei im Landkreis Saarbrücken bei der Bundestagswahl 2005 geholt, das war mehr als im Landesdurchschnitt. Saarlandweit steht sie in Umfragen inzwischen bei 23 Prozent. Tatsächlich geht es aber nicht nur um den – vergleichsweise nebensächlichen – Job des Regionalverbandsdirektors. Oskar Lafontaine will Ministerpräsident werden, die LINKE will Ende August im Saarland an die Regierung. Auch deshalb sitzt Lafontaine jetzt hier, auch deshalb präsentiert die Partei einen nüchternen Verwaltungsfachmann, der in Rastatt gut mit der CDU zusammengearbeitet hat und sich in politischen Forderungen betont zurückhaltend zeigt.

»Der Bundesvorsitzende fühlt sich auch verantwortlich für die Entwicklung an der Saar«, erklärt Lafontaine, und jede Wahl habe nun einmal Signalwirkung für die folgende Wahl, nicht mehr und auch nicht weniger. Walker ist optimistisch, dass der Stimmungstest für die Landtagswahl gelingen kann: »Wahlen werden in den letzten zwei bis vier Wochen entschieden, nicht jetzt.«

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