»Nius« gewinnt gegen Liebich

Reichelt darf Neonazi als Mann bezeichnen – die muss in Haft

Liebich nutzt juristische Auseinandersetzungen – wie hier bei einem Prozess vor fünf Jahren – gern für Provokationen.
Liebich nutzt juristische Auseinandersetzungen – wie hier bei einem Prozess vor fünf Jahren – gern für Provokationen.

Das rechte Krawallportal »Nius« meldete am Dienstag einen Erfolg: Demnach darf Marla-Svenja Liebich, früher bekannt als Sven Liebich, trotz geänderten Personenstands durch »Nius«-Gründer Julian Reichelt als Mann bezeichnet werden. Das Landgericht Berlin habe klargestellt, dass die Meinungsfreiheit in diesem Fall schwerer wiege als der Wunsch der Person, mit weiblichen Pronomen angesprochen zu werden.

Hintergrund ist die im Herbst 2024 vollzogene Änderung des Geschlechtseintrags von Liebich beim Standesamt im sächsischen Schkeuditz. Kritiker*innen sahen darin jedoch keinen Schritt einer ernst gemeinten Transition, sondern den Versuch, das am 1. November in Kraft getretene neue Selbstbestimmungsgesetz lächerlich zu machen. Seitdem sind für eine Änderung der Geschlechtsidentität keine Gutachten oder Gerichtsentscheidungen mehr nötig.

Auslöser der Klage war ein Tweet von Reichelt, wonach die Bundesregierung »nahezu die gesamte deutsche Medienlandschaft« zwinge, eine groteske Unwahrheit zu sagen – nämlich Liebich als Frau zu bezeichnen. Liebich hatte dazu eine Unterlassungsklage eingereicht – allerdings ist unklar, wie ernst diese gemeint war.

Das Landgericht Berlin stellte nun fest, dass derartige Aussagen von der Meinungsfreiheit gedeckt sind – solange sie auf Tatsachen beruhen und keine Schmähkritik darstellten. Reichelts Anwalt Joachim Steinhöfel sagte angesichts des Urteils: »Das Selbstbestimmungsgesetz ist kein Zensurgesetz.«

Liebich ist seit den 1990er Jahren in der rechtsextremen Szene aktiv, leitete eine Kameradschaft, organisierte Demonstrationen und betrieb einen Onlinehandel mit einschlägigen Devotionalien. Noch 2023 hatte die Person öffentlich gegen queere Menschen gehetzt und vor einem angeblichen »Transfaschismus« gewarnt.

Wegen einer anderen Klage muss Liebich nun ins Gefängnis: Im Juli 2023 verurteilte das Amtsgericht Halle die Aktivistin wegen Volksverhetzung, übler Nachrede und Beleidigung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten ohne Bewährung. Liebichs Berufung und Revision blieben erfolglos.

Ebenfalls am Dienstag teilte die Staatsanwaltschaft Halle mit, dass Liebich die Strafe nun in der Justizvollzugsanstalt Chemnitz antreten muss. In welchem Trakt, darüber entscheidet die Gefängnisleitung nach einem Aufnahmegespräch. Maßgeblich sei dafür der aktuelle Geschlechtseintrag, sagte ein Sprecher zur Deutschen Presse-Agentur und betont, dass geprüft werde, ob ein Missbrauch vorliegt. Ein Datum für den Haftantritt wurde nicht genannt, üblich ist jedoch eine Frist von zwei Wochen.

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