Von Obama lernen

Die LINKE startete am Donnerstag ihren bundesweiten »Aktivierungswahlkampf«

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 3 Min.
Wie bekommt man Protest und Mitgliederwerbung unter einen Hut? Die LINKE wagt den Spagat mit ihrer Kampagne »Ein Schutzschirm für Menschen«, die am Donnerstag mit bundesweiten Aktionen vor Arbeitsämtern und Großbetrieben begann.
Vor dem Jobcenter Pankow.
Vor dem Jobcenter Pankow.

Aller Anfang ist schwer. Auch für die Handvoll Aktivisten der LINKEN, die an diesem kalten Donnerstagmorgen vor dem Jobcenter in Berlin-Pankow stehen. Ein Transparent haben sie mitgebracht, auf dem ein »Schutzschirm für Menschen« gefordert wird. Die überwiegend jungen Parteimitglieder sammeln Unterschriften, verteilen Zeitungen und versuchen, mit den Hartz IV-Betroffenen ins Gespräch zu kommen. Nicht immer mit Erfolg. Vielen Arbeitslosen ist die Situation peinlich. Manch einer schämt sich auch für seine Bedürftigkeit. So verwundert es nicht, wenn die Angesprochenen unwirsch reagieren: »Was soll ich mit dem Scheiß?«, wehrt ein junger Arbeitsloser ab. Ein junge Frau zischelt ihrer grimmig dreinschauenden Begleiterin verschwörerisch zu: »Lass dich nicht von denen anquatschen.«

Doch Einige erreicht man letztendlich doch, auch mit Unterstützung der Parteiprominenz. Ulrich Maurer, der parlamentarische Geschäftsführer der LINKEN, und Stefan Liebich aus dem Berliner Abgeordnetenhaus verteilen vor dem Jobcenter Pankow ebenfalls Infomaterial. Zumindest Maurer gelingt es, eine Kassiererin, die ihr dürftiges Gehalt mit Hartz IV-Geldern aufstocken muss, in ein Gespräch zu verwickeln. Schließlich füllt die Berlinerin ein sogenanntes »Mitmach-Formular« aus. Wer auf so einem roten Kärtchen Name und Anschrift hinterlässt, bekommt demnächst Post von der LINKEN. Der Fachmann spricht hier von Aktivierungswahlkampf. Auf diese Weise hat Barack Obama seine Anhängerschaft erfolgreich mobilisiert. Man wolle Menschen ermuntern, sich zu engagieren, erklärt Luigi Wolf, der bei der LINKEN für Aktivistenmobilisierung zuständig ist. Die so Geworbenen könnten beim Plakatieren helfen, Flugblätter verteilen oder Infostände betreuen.

Zwar steigen die Mitgliederzahlen kontinuierlich, doch nicht schnell genug. Im Superwahljahr 2009 benötigt die Partei zusätzliche Unterstützer. »Allein in Nordrhein-Westfalen haben wir bis zu 1,4 Millionen potenzielle Wähler, aber nur rund 8000 Mitglieder«, rechnet der Wolf vor. Um möglichst viele Wähler zu erreichen, startete die Kampagne »Schutzschirm für Menschen« am Donnerstag in mehreren Bundesländern.

Besonders früh waren die Genossen im hohen Norden auf den Beinen. Bereits ab fünf Uhr in der Frühe standen dort Parteimitglieder vor den Toren einer Flensburger Werft. In Frankfurt am Main demonstrierten Aktivisten vor den beiden großen Jobcentern der Stadt. »Die heutigen Aktionen vor Arbeitsämtern und Großbetrieben sind ein Testlauf, an dem mehr als 50 Kreisverbände der LINKEN teilnehmen«, erklärt Luigi Wolf. Von nun an werde man regelmäßig mit derartigen Aktionen an die Öffentlichkeit gehen. Dorthin, wo die Folgen der Finanzkrise am sichtbarsten sind. So verspricht Wolf: »Wenn die Bundesagentur für Arbeit am 31. März ihre monatlichen Arbeitslosenzahlen veröffentlicht, wird auch die LINKE vor den Jobcentern und Arbeitsämtern stehen«. Der Wahlkampf hat begonnen.

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