Werbung

Praktikanten als billige Arbeitskräfte

Linkspartei fragt nach / Landesregierung erwägt eine Bundesratsinitiative

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 2 Min.

Mit einem Praktikum versuchen viele junge Menschen, sich Berufserfahrungen zu verschaffen. Praktika sind gleichzeitig ein Notnagel, um Zeiten der Arbeitslosigkeit zu überbrücken. Niemand kennt die genaue Zahl der Praktikanten. Zu Tausenden arbeiten sie auch in brandenburgischen Unternehmen und Institutionen.

Meist handelt es sich um Hochschulabsolventen, die keine Anstellung gefunden haben. Nicht selten werden Praktikanten, die eigentlich etwas lernen sollten, lediglich als billige oder sogar kostenlose Aushilfskräfte missbraucht. Dabei bringen sie das allerneueste Wissen über ein Fachgebiet vom Studium mit. Es hält sie die Hoffnung, nach einer Zeit der Demut und der Ausbeutung vielleicht doch eine Stelle zu bekommen. Oft wird diese Hoffnung enttäuscht. Was in öffentlichen Einrichtungen meist noch halbwegs geregelt abläuft, kann in der privaten Wirtschaft zu einem endlosen Marathon von Praktikum zu Praktikum ausarten.

Die Landtagsabgeordnete Kerstin Bednarsky (Linkspartei) weist darauf hin, dass Tausende dieser jungen und hoch qualifizierten Fachkräfte weitgehend rechtlos und ohne tarifliche Bezahlung beschäftigt werden. »Sicher zu Recht« fühlen sie sich unfair behandelt und ausgegrenzt, meint sie. Schädlicher Nebeneffekt eines langen Praktikantenlebens ist, dass keine nennenswerten Rentenansprüche erworben werden.

Sozialministerin Dagmar Ziegler (SPD) unterstreicht, dass Praktikanten nach geltendem Recht »einen gesetzlichen Anspruch auf angemessene Vergütung« haben. Dies sei allerdings weder den Praktikanten noch den Unternehmen »immer bekannt«. Die Regierung lehne Scheinpraktika ab, bei denen ein »unentgeltliches Praktikum« vereinbart wird, wo es jedoch tatsächlich um echte Arbeitsleistungen gehe, ohne dass ein angemessener Lohn gezahlt werde. Es werde eine Bundesratsinitiative dazu erwogen. Die Ministerin betont: »Wird ein Praktikant wie ein vergleichbarer Arbeitnehmer eingesetzt und beschäftigt, steht ihm ein Vergütung zu«. Im Streitfall stehe der Weg vors Arbeitsgericht offen. Nicht davon erfasst seien allerdings Schülerpraktika. Sie bedingen keine Vergütung.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.