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China sägt an Leitwährung

Peking emanzipiert sich im biregionalen Handel vom US-Dollar

  • Jürgen Vogt, Buenos Aires
  • Lesedauer: 3 Min.
Der US-Dollar als Zahlungsmittel im internationalen Handel gerät weiter unter Druck. Währungsswap heißt das Zauberwort, mit dem China am Lack des Greenbacks kratzt. Ende März haben die Zentralbanken Chinas und Argentiniens die Rahmenvereinbarung über so ein bilaterales Währungstauschgeschäft unterzeichnet. Und das ist nur der Anfang – Brasilien und Venezuela könnten bald folgen.

Wenn China und Argentinien bisher miteinander Handel trieben, führte kein Weg an der führenden Welthandelswährung Dollar vorbei. Damit ist nun Schluss: Beide Länder haben nun Zugang zur Währung des jeweils anderen. Borgen sich die Argentinier Yuan, hinterlegen sie bei der chinesischen Zentralbank ihre Pesos und umgekehrt. Dazu räumen sich die Zentralbanken gegenseitige Kreditlinien in einem Volumen von rund 10,2 Milliarden US-Dollar ein. Kosten und Zinsen fallen nicht an.

Für das krisengeschüttelte Argentinien bedeutet das, es kann zukünftig in China mit Pesos einkaufen. Der Dollar als bisheriges Zahlungsmittel im bilateralen Handel wird damit ausgehebelt. Die Vereinbarung diene dazu, das regionale Finanzsystem zu stabilisieren und gegen die gegenwärtigen Risiken zu schützen, heißt es in der offiziellen Sprachregelung der beiden Zentralbanken.

Die Reaktionen in Argentinien sind jedoch nicht nur positiv. Die Industrie am Río de la Plata fürchtet jetzt noch mehr die Konkurrenz durch die billigen Importwaren aus China. Nicht ohne Grund. Die chinesischen Konsumgüter sind in der ganzen südamerikanischen Region seit Jahren auf dem Vormarsch. Im Vergleich zu 2001 hat sich der Handelsaustausch verzehnfacht und stieg bis 2008 auf 140 Milliarden Dollar. Der Gigant aus Asien kauft in Südamerika vor allem Rohstoffe und Agrarprodukte, in Argentinien Sojabohnen.

Für die argentinische Regierung kommt das Abkommen dagegen gerade rechtzeitig. Nicht nur wegen der allgemeinen weltweiten Finanzkrise, sondern auch wegen der noch immer ausstehenden Einigung mit dem Gläubigerstaatenzusammenschluss Pariser Club bekommt Argentinien auf den internationalen Finanzmärkten schon lange keine Kredite mehr. Und der einzige Gläubiger, der in den letzten Jahren immer wieder argentinische Staatsanleihen in Milliardenhöhe aufkaufte, ist ebenfalls ausgefallen: Venezuelas Präsident Hugo Chávez kann wegen des fallenden Ölpreises der argentinischen Regierung derzeit nicht unter die Arme greifen.

»Für Argentinien garantiert das Abkommen den Zugang zu einer internationalen Währung im Falle einer eventuellen Zahlungsschwierigkeit«, heißt es in einer offiziellen Stellungnahme der argentinischen Zentralbank BCRA. »In unserem Fall besteht die Möglichkeit, auf eine bedeutende Summe in Yuan zugreifen zu können, im Austausch mit Pesos. In der Praxis ist das eine Stärkung unserer finanziellen Position«, macht die BCRA deutlich.

Für die chinesische Zentralbank ist es die sechste Vereinbarung dieser Art seit dem vergangenen Dezember. China hatte solche Abkommen bisher mit asiatischen Staaten abgeschlossen. Mit Südkorea, Indonesien, Hongkong, Malaysia und – einzige Ausnahme – Belorussland. Mit Argentinien macht das Beispiel erstmals auf dem lateinamerikanischen Subkontinent Schule.

Nach einer kürzlich gemachten Äußerung des brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio »Lula« da Silva könnte ein siebtes mit Brasilien bald folgen. Auch Venezuela gilt als Interessent. China kann so die Stellung seiner eigenen Währung als internationaler Handels- und Reservewährung ausbauen und seine Dollarabhängigkeit reduzieren.

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