Forstleute als Polizisten und Hoteliers

Wegen der Streichung von 1000 Stellen werden Waldarbeiter anders beschäftigt / Daran gibt es Kritik

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 2 Min.

»Wildromantisch mit steilen Schluchten, herrlichen Wäldern und glitzernden Seen«, so beschreibt die Oberförsterei Alt-Ruppin die Gegend. 1846 zog der erste Förster in die Schneidemühle Rottstiel ein und als die Ruppiner Schweiz um 1900 zu einem Ausflugsziel wurde, konnten Wanderer im Forsthaus einkehren. »Heute ist es wieder soweit«. Eine 60 Quadratmeter große Ferienwohnung mit Terrasse und Blick auf den Tornowsee gibt es im Forsthaus. Im Erdgeschoss befinden sich das Wohnzimmer mit Kaminofen, die Küche und das Bad, im Obergeschoss zwei Doppelzimmer. Vier Personen zahlen 69 Euro für eine Übernachtung, 400 Euro für eine Woche.

Das ist kein Einzelfall. Die Oberförsterei Schlaubemühle zum Beispiel bietet die Jagdhütte Ziskensee für 45 Euro die Nacht an. Der Landesbetrieb Forst vermietet mehrere Räume an Urlauber. Laut Umweltminister Dietmar Woidke (SPD) wurden die Objekte seit dem Jahr 2007 für insgesamt rund 1,5 Millionen Euro renoviert. Weil die Verwaltungseinheiten im Zuge der Forstreform größer geschnitten wurden, hatte die Forstverwaltung für 49 Immobilien keine Verwendung mehr. Die Gebäude wurden zum größten Teil verkauft.

Förster und ihre Mitarbeiter führen auch Wandergruppen, unterrichten den Umgang mit Motorsägen und verkaufen Wildfleisch. Dergleichen sei mit den Bestimmungen zur wirtschaftlichen Betätigung öffentlicher Einrichtungen vereinbar, versichert Umweltminister Woidke.

Inhabern privater Herbergen schmeckt diese Konkurrenz zwar nicht, wie CDU-Fraktionschefin Saskia Funck kritisch anmerkt. Doch das Umweltministerium lässt es nach eigenem Bekunden nur so lange geschehen, wie die Ziele für den Personalbestand nicht erreicht sind. Es sollen zusätzliche Einnahmen erzielt werden. Schließlich strich der Staat im Zuge der Forstreform 1000 Stellen. Weil er die überzähligen Leute jedoch nicht einfach entlassen kann, müht er sich, sie anderweitig unterzubringen und zu beschäftigen. Da werden 50 Waldarbeiter zu Polizisten umgeschult und andere für die Pflege der Alleen eingesetzt. Vorher kümmerten sich Firmen im Auftrag des Staates um die Straßenbäume. Es geht hier um Arbeiten im Wert von 6,8 Millionen Euro in den Jahren 2008 bis 2010.

Aus Sicht der Landtagsabgeordneten Kornelia Wehlan (Linkspartei) wäre es sinnvoller, die 1000 Waldarbeiter das tun zu lassen, was dringend nötig wäre und wofür sie auch ausgebildet sind – sich um die Forsten zu kümmern.

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