Kaiser will ins höchste Amt

Sportpolitische Schlammschlacht beim 32. IHF-Kongress in Kairo

  • Erik Eggers, Kairo
  • Lesedauer: 3 Min.

Große Handballer stehen hinter ihm. Nikola Karabatic, Jackson Richardson, Christian Schwarzer – diese Profis mit Weltruf unterstützen den Luxemburger Jean Kaiser bei seiner Kandidatur als Präsident der Internationalen Handball-Föderation (IHF).

Ein erfolgreicher Slogan »Sauberer Handball«?

»Sauberer Handball« – unter diesem Slogan steht die Wahlkampagne Kaisers für den dreitägigen 32. IHF-Kongress, der am Donnerstag in Kairo beginnt. Zugleich distanziert sich damit Kaiser bewusst von den Methoden seines übermächtig scheinenden Gegenkandidaten, des Amtsinhabers Hassan Moustafa. Vor diesem Hintergrund dürfte im noblen Fünf-Sterne-Hotel »JW Marriott«, das die Repräsentanten der 159 IHF-Mitgliedsländer beherbergt, eine sportpolitische Schlammschlacht bevorstehen.

Kaiser macht keinen Hehl daraus, dass ihn die vielen Skandale Moustafas, die den in Basel ansässigen Weltverband in Verruf gebracht haben, zur Kandidatur bewegt haben. Anlass sei Moustafas Beschluss von 2008 gewesen, die Anti-Doping-Einheit der IHF aufzulösen. Mit diesem eigenmächtigen Beschluss habe der IHF-Präsident »den Handballsport sogar der Gefahr ausgesetzt, ab 2016 nicht mehr olympisch zu sein«, heißt es in Kaisers Wahlprogramm. Kaiser kritisiert zudem Moustafas feststehende persönliche Verstrickung in die Manipulation der asiatischen Olympiaqualifikation 2007 in Toyota-City, die – einmalig in der olympischen Geschichte – wiederholt werden musste. Auch das fragwürdige Finanzgebaren des 64-jährigen Ägypters steht im Fokus. Die Marketing AG, die wirtschaftliche Tochter der IHF, solle wie ein Unternehmen funktionieren und nicht mehr wie eine Ein-Mann-Veranstaltung des Präsidenten, fordert Kaiser.

Zur Seite springen Kaiser nicht nur die Spieler, deren Einfluss Kaiser stark vergrößern will. Auch Christer Ahl, der scheidende Schiedsrichterchef aus den USA, beschuldigt Moustafa der Dokumentenfälschung. Hintergrund ist die fragwürdige Praxis Moustafas, für seine Flugspesen keinerlei Belege beizubringen. Zwischen 2001 und 2007 handelte es sich dabei um rund 600 000 Schweizer Franken, wie ein IHF-Revisor im April 2008 bestätigte.

Moustafa hatte sich damals verteidigt, er müsse keine Belege beibringen, obwohl Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PriceWaterhouseCoopers dies bei der IHF-Kassenführung bemängelt hatten. Das sei eine Sache des Vertrauens und habe ihm der IHF-Rat genehmigt, erklärte Moustafa im April 2008. Laut Ahl ist das eine Lüge. Bei der Sitzung des IHF-Rates im Dezember 2007 in Paris hat sich Moustafa laut Ahl für die bisherige Praxis entschuldigt und eine korrekte Buchhaltung versprochen. Das dokumentiere ein Tonband. Im Protokoll dieser Sitzung aber stand zur Überraschung vieler Leser das exakte Gegenteil.

Im Fokus steht auch das Schiedsrichterwesen

Zu den aktuellen Brennpunkten des Welthandballs zählt zudem das Schiedsrichterwesen. Sollte tatsächlich der Iraner Dawud Tawakoli zum ranghöchsten Schiedsrichterfunktionär aufsteigen, wäre dies »eine Katastrophe«, wie es Reiner Witte, Präsident der deutschen Handball-Bundesliga, ausdrückte. Schließlich gilt Tawakoli als Personifizierung der vielen Korruptionsfälle im asiatischen Handball, die dort seit einem Jahrzehnt üblich sind: Der 41-Jährige fungiert im Asiatischen Handballverband als Schiedsrichterchef. Sollte Tawakoli die Wahl gewinnen, befürchtet Ahl auch für die kommenden Weltmeisterschaften Spielmanipulationen.

Trotz aller massiven Vorwürfe, welche das Ansehen der gesamten Sportart beschädigen: Moustafa gibt sich demonstrativ selbstbewusst. Der seit 2000 amtierende Ägypter hat in den letzten Monaten alle Kontinente bereist und ist sich seiner Wiederwahl sicher. Er soll eine Allianz geschmiedet haben, die unschlagbar scheint: Angeblich sollen die drei Kontinente Asien, Afrika und Panamerika geschlossen hinter ihm stehen, was eine klare Mehrheit für ihn und seine Kandidaten für die Kommissionen ergeben würde.

Sein Schlachtplan, den Wahlkongress nach 2004 (Hurghada) erneut in Ägypten stattfinden zu lassen, ist bereits aufgegangen. Wie es aussieht, könnte Moustafa auf dem 32. IHF-Kongress in Kairo auf ganzer Front siegen. Ob die Sportart gewinnt, steht mehr denn je in den Sternen.

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