Konserviertes Welterbe

Die Ausstellung »Tausend Jahre Kunst aus Dunhuang« im Chinesischen Kulturzentrum

  • Volkmar Draeger
  • Lesedauer: 3 Min.
»Buddha der Zukunft« in einer Höhle in Dunhuang
»Buddha der Zukunft« in einer Höhle in Dunhuang

Unter den Ausstellungen, die derzeit in Berlin laufen, ist sie eine der wundersamsten. »Tausend Jahre Kunst aus Dunhuang« im erst vor einem Jahr eröffneten Chinesischen Kulturzentrum zeigt in vorzüglicher Kopie Wandmalerei, die vom »Kulturaustausch auf der nördlichen Seidenstraße« erzählt.

Dunhuang, eine Oasenstadt in der westchinesischen Provinz Gansu, gegründet 111 vor unserer Zeitrechnung, spielte auf Grund ihrer Lage an der Seidenstraße eine wichtige Rolle als Knotenpunkt im Handel zwischen China und Europa. Auf jenem 6000 Kilometer langen Netz aus Karawanenrouten gelangten über die Wüste Taklamakan, Afghanistan, Persien, Syrien und die Türkei Waren wie Seide, Tee, Gewürze, Weihrauch, Glas oder Keramik in den Westen. Auch Handwerk, Wissenschaft, Brauchtum und Religion fanden über diesen Weg Verbreitung. Die Kunde von Schießpulver und Papier drang so bis nach Europa, das Christentum nahm den umgekehrten Weg.

Es war ein daoistischer Mönch, der 1900 rund 50 000 Dokumente aus dem 4. bis 11. Jahrhundert fand, die Mönche 1036 vor heranstürmenden Mongolen in einer Höhle eingemauert hatten. Europäische Forschungsreisende plünderten in der Folge viele der Manuskripte und Malereien, die nun in den Museen von London, Neu Delhi, Paris, Berlin lagern. Seit den 1940ern nahmen sich chinesische Künstler und Wissenschaftler der Höhlen an, gründeten die Dunhuang-Akademie. Was sie auszuwerten, zu schützen und zu verwalten haben, ist gewaltig.

Von den etwa 1000 Höhlen, die hauptsächlich zwischen 4. und 12. Jahrhundert buddhistische Mönche in die weichen Sandsteinfelsen geschlagen haben, sind 492 erhalten. Das trockene Wüstenklima konservierte deren Schmuck aus insgesamt 4500 Quadratmetern an Wandmalereien sowie mehr als 2000 ebenfalls bemalten Buddha-Statuen und Skulpturen aus Stein, Lehm und Holz in frappierender Qualität. Speziell zwei Zentren an Höhlentempeln um Dunhuang herum erlangten Weltrang: die seit 1987 zum Weltkulturerbe zählenden Mogao-Grotten und die Yulin-Grotten. Aus beiden zeigt die Exposition kopierte Fresken, die den buddhistischen Kosmos auffächern und seine Entwicklung von der Liang-Dynastie im 5. bis zur Yuan-Dynastie im 13./14. Jahrhundert spiegeln.

Gemalt wurde ursprünglich mit einem Leim-Tempera-Gemisch auf eine dünne Gipsschicht über einem geglätteten Verputz aus Lehm und Strohhäcksel. Lapislazuli, Zinnober, Malachit, Braunocker, Rußschwarz waren häufig verwendete Farben. Entstanden sind so hinreißend leuchtende, dicht komponierte Bildfriese vom Wirken Buddhas und aus dem Lebensalltag jener Zeiten. Bodhisattvas (»die nach Erkenntnis streben«) lauschen der Predigt ihres Meisters; ein König bietet sein Fleisch einem hungrigen Habicht, um das Leben einer Taube zu retten, wird nach bestandener Prüfung errettet; Buddha selbst opfert sich einer Tigerin, damit sie ihre Jungen säugen kann.

Gleichnishaft sind die Darstellungen, von bis zu acht Metern Länge, bei den quadratischen Formaten oft mit einem sitzenden Buddha als Zentralmotiv. Gemäß der Lehre tauchen frühere Inkarnationen Buddhas auf, umflogen von himmlischen Halbgöttinnen (»Apsaras«), und auch Maitreya, der Weltenerlöser. Höhepunkt der Ausstellung sind zwei komplette, begehbare Höhlenkopien, die den Zauber buddhistischer Kunst und ihre meditative Stimmung rundum erlebbar machen. Eine ergänzende Exposition bietet das Museum für Asiatische Kunst an.

Bis 19.6., Chinesisches Kulturzentrum, Klingelhöferstr. 21

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