Arcandor meldet Insolvenz an

Konzern lässt letzte Regierungsfrist für verbesserten Rettungsantrag ungenutzt

  • Ina Beyer
  • Lesedauer: 2 Min.
Arcandor hat am Dienstag Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen drohender Zahlungsunfähigkeit für die Arcandor AG sowie drei Firmentöchter gestellt. 43 000 Beschäftigte bangen nun um ihre Jobs.

Arcandor ist pleite. Der Handels- und Touristikkonzern hat gestern beim Amtsgericht Essen Insolvenzanträge für die Arcandor AG sowie für die Töchter Karstadt, Primondo und Quelle eingereicht. Das Geschäft in den Karstadt-Warenhäusern und bei den Versandhandelstöchtern solle jedoch vorerst normal weiterlaufen, hieß es gestern aus Essen.

Zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellte das Amtsgericht den Kölner Anwalt Klaus Hubert Görg, der für alle vier Insolvenzverfahren der Arcandor AG sowie der Töchter Primondo, Karstadt Warenhaus und Quelle zuständig sein soll. Sanierer Horst Piepenburg will den Konzern als Ganzes erhalten. Die Zahlungsunfähigkeit drohe, da am Freitag Kredite in Höhe von 710 Millionen Euro fällig sind, gab Arcandor bekannt. Betroffen sind 43 000 Beschäftigte.

Die Bundesregierung hatte dem Unternehmen am Montagabend eine letzte Frist eingeräumt, bis Dienstagmorgen einen verbesserten Antrag auf Staatshilfen einzureichen. Die Arcandor-Spitze hatte zwar in der Nacht noch mit allen Beteiligten verhandelt, aber auf einen neuen Antrag verzichtet. Der Handelskonzern Metro will weiter mit Arcandor über eine Fusion seiner Warenhauskette Kaufhof mit Karstadt verhandeln. Die Tür für Verhandlungen stehe offen, erklärte Metro. Der Konzern hofft, die Gespräche in der nächsten Woche wieder aufnehmen zu können.

Es ist offenbar die größte Pleite in der Geschichte der Bundesrepublik. »Solch ein Verfahren in dieser Größenordnung hat es in Deutschland noch nicht gegeben«, schätzt der Insolvenzrechts-Experte Prof. Hans-Haarmeyer.

Bei Quelle in Fürth sorgte die Nachricht von der Insolvenz für einen Schock. »Das ist der Super-GAU«, sagte der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Ernst Sindel. Die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Margret Mönig-Raane sprach von einem »schwarzen Tag für die Beschäftigten«. Eine Rettung wäre möglich gewesen.

Die Beschäftigten bei Karstadt seien »Opfer von Kanzlerin Merkel und Vizekanzler Steinmeier«, kritisierte der Chef der Linksfraktion im Bundestag Oskar Lafontaine. »Merkel und Steinmeier war der Kampf um das Kanzleramt wichtiger, als eine Lösung im Interesse der Beschäftigten zu finden.« Derweil sieht Berlins Wirtschaftssenator Harald Wolf (LINKE) trotz der Pleite des Karstadt-Mutterkonzerns Arcandor gute Chancen für den Erhalt der zehn Berliner Karstadt-Häuser mit 3600 Arbeitsplätzen.

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