Neuer Prozess um Merseburger Attentat

Kommt nun Licht in Dunkel des Bombenanschlags?

  • Norbert Claus, ddp
  • Lesedauer: 2 Min.
Fast drei Jahre nach dem Bombenanschlag von Merseburg nimmt die Staatsanwaltschaft einen zweiten Anlauf zur Aufklärung des Attentats. Heute beginnt vorm Landgericht Halle/Saale erneut das Verfahren gegen den 33-jährigen Herbert Th. Er gilt als Drahtzieher des Sprengstoffanschlages vom 27. Juni 1999 vor dem Merseburger Lokal »Desperado«.
Die Anklage legt dem früheren Betreiber einer Rotlichtbar in Leuna und dem Kopf einer Motorrad-Gang versuchten Mord, Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion sowie Verstoß gegen das Waffengesetz und das Kriegswaffenkontrollgesetz zur Last. Ein Racheakt in der Rotlichtszene soll Auslöser für die Bluttat gewesen sein, die damals den Höhepunkt einer Reihe von Anschlägen auf Gaststätten in der Region bildete. Kurz nach Mitternacht war vor dem Lokal ein in einem Blumenkübel versteckter Sprengsatz explodiert. 20 junge Menschen wurden verletzt, sieben von ihnen schwer. Einer 24-jährigen Krankenschwester mussten nach dem Attentat beide Unterschenkel abgenommen werden. Die Wucht der Detonation zerstörte das Mobiliar der Gaststätte, schleuderte Steine durch Autoscheiben. Das Ausmaß der Explosion hätte noch weitaus größer sein können, denn nur 150 Meter vom Tatort entfernt tanzten rund 500 junge Leute in der Diskothek »L.A.« und 100 Meter vom »Desperado« entfernt liegt eine Tankstelle. Vor fast zwei Jahren stand der mutmaßliche Bombenleger schon einmal vor Gericht - und schwieg. Am 18. Juli 2000 deutete sich zum Prozessbeginn mit Anträgen der Verteidigung und mehrstündigen Unterbrechungen bereits an, dass es ein sehr langes, kompliziertes Verfahren werden würde. Nach 20 Verhandlungstagen setzte das Gericht im Dezember das Verfahren aus. Die Erkenntnisse hätten nicht ausgereicht, um ein Urteil zu fällen, begründete damals der Vorsitzende Richter der Schwurgerichtskammer, Klaus Braun, seine Entscheidung. Nun wird der Prozess neu aufgerollt. Was bislang gesagt, besprochen und erstritten wurde, gilt jedoch nicht mehr. Die Ergebnisse seien nicht verwertbar, sagte ein Gerichtssprecher. Auch diesmal zeichnet sich ein Marathon-Prozess unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen ab. Das Gericht zieht wie beim ersten Mal in den Hochsicherheitstrakt des Justizzentrums. Bis zum 24. Juni sind 17 Verhandlungstage terminiert. Ab Juli will die Kammer dann immer dienstags tagen - Ende offen.

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