Russen vor New York aufgetaucht

U-Boot-Sommerloch-Debatte nach Art des Kalten Krieges

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.
Das Pentagon ist besorgt, sagen »Insider«. Die US-Marine hat nämlich zwei »Akulas« im Atlantik entdeckt. Eines der beiden russischen Atom-U-Boote sei sogar bis auf rund 200 Seemeilen an die Ostküste der USA herangetaucht.

Es gibt im US-Verteidigungsministerium genügend Analysten, die offenbar Gründe finden, weshalb Alarm zu schlagen wäre. Seit 15 Jahren hätten sich die Russen nicht mehr so nah an die westliche US-Küste herangeschlichen, meint der U-Boot-Experte Norman Polmar in der »New York Times«.

Unsinn, sagt die russische Nordmeerflotte, wir waren zwar nicht mehr so häufig wie in den heißen Zeiten des Kalten Krieges vor den US-Küsten, doch für Reisen in Richtung ehemaliges Feindesland habe man doch stets ein paar Boote fit gemacht. So wie die Fernflieger der russischen Luftwaffe sich ja auch ab und zu mal in die Reichweite von US-Jägern gewagt haben.

Die öffentliche Debatte über die angeblich »besondere Präsenz« von russischen U-Booten hat skurrile Aspekte. Nicht nur, dass die alten Navy-Kommandanten prahlerisch behaupten, dass sie natürlich – wie ehedem – jeden Russenkahn schon beim Auslaufen hätten abfangen können. Sie finden auch immer noch Medien, die mit der »roten Gefahr« kokettieren. Es hätte nur noch gefehlt, Putins Baikalsee-Unterwasserausflug Anfang des Monats mit dem Tauchboot »Mir« als Warnsignal zu deuten.

Doch so beschränkt sind Pentagon-Analytiker (inzwischen) nicht mehr. Dennoch bleiben ihnen zwei Möglichkeiten der Lagebeurteilung. Entweder ist gar keine Gefahr da – oder sie ist riesengroß. Denn die russischen »Akula«- Schiffe sind Angriffs-U-Boote. Die haben – so wie ihre US-amerikanischen »Los-Angeles«-Gegenstücke – für gewöhnlich den Auftrag, die wirklich wichtigen Unterwasser-Raketenträger unbehelligt an den »Feind« zu bringen. Doch wo ist der Raketenträger? Nicht entdeckt – was bei der bislang üblichen Radau-Signaturspur der getauchten russischen Raketenbatterien – verwunderlich wäre. Oder es gibt einfach keine. Was keinesfalls zu bemängeln ist!

Denkbar aber auch, dass das Submarine-Show-Schwimmen vor den US-Küsten – neben einer innenpolitischen Machtdemonstration – außenpolitische Aspekte hat. Auf unterster Ebene. Weshalb in Moskau jüngst ein Sub-Minister für Äußeres den Ärger seiner Regierung über die US-Hilfe für Georgien und andere Ex-Südrepubliken artikulierte.

In jedem Fall obsiegt bislang Besonnenheit. »Das Erscheinen von zwei russischen Atom-U-Booten vor der US-Küste hat bei den Militärs keine Besorgnis hervorgerufen«, sagte der Sprecher des US-Verteidigungsamtes, Jeff Morell. Die Russen seien »zweifellos frei, das zu tun«. Auf die Frage, ob die USA ihre U-Boote zu den russischen Küsten entsenden, antwortete Morell kurz und knapp: »Natürlich! Wir bewegen uns im Weltmeer frei, und die Russen sind berechtigt, das Gleiche zu tun.«

Es könnten Wege zur Entspannung beschritten werden. Moskau hatte vor Jahren schon vorgeschlagen, ein internationales Abkommen über die Vermeidung von Vorfällen mit U-Booten zu schließen. Entsprechende Memoranden seien mit Großbritannien und Frankreich unterzeichnet. Hauptgegner eines Abkommens seien die USA – das Land, das über die mächtigste U-Boot-Flotte der Welt verfügt.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -