Zerstörte Kreuze erzürnen Sorben

Kaum Ermittlungserfolge bei sorbenfeindlichen Straftaten / LINKE: Mehr Bildung nötig

  • Hendrik Lasch, Crostwitz
  • Lesedauer: 3 Min.
In Sachsen wächst die Zahl sorbenfeindlicher Straftaten. Vor allem Wegkreuze, die Teil der sorbisch-katholischen Tradition sind, werden zerstört. Fehlende Aufklärungserfolge der Polizei sorgen in der Region für Unmut.
Wegkreuz am Straßenrand der sorbischen Gemeinde Crostwitz.
Wegkreuz am Straßenrand der sorbischen Gemeinde Crostwitz.

»Bozo, zohnuj nas!«, steht auf dem Kreuz am Ortseingang von Crostwitz. »Herr, segne uns«, lautet die Übersetzung der sorbischen Aufschrift unter dem vergoldeten Kruzifix. Dessen Halterung ist so sorgfältig gearbeitet wie der Sockel aus Granit. Derlei Kreuze, die am Rand von Wegen oder in Vorgärten stehen, sind fester Teil der sorbischen Kultur, sagt Clemens Hrejor, katholischer Pfarrer in Crostwitz: »Man nennt die Region nicht umsonst das Land der 1000 Kreuze.«

Immer öfter werden jedoch solche Wegkreuze zerstört: Metallteile werden abgesägt, Sockel umgestoßen. Hrejor sieht eine »auffällige Häufung in den letzten Jahren«. Sachsens Innenministerium registrierte 2007 sieben Sachbeschädigungen christlich-sorbischer Symbole, 2008 waren es zwölf. In diesem Jahr seien bereits vier Fälle bekannt geworden, ergänzt Heiko Kosel, Landtagsabgeordneter der LINKEN. Die Zerstörung von Wegkreuzen stelle damit den »Hauptanteil der sorbenfeindlichen Straftaten« dar.

Bei den Bewohnern der sorbischen Siedlungsgebiete sorgen die Übergriffe auf die Kreuze, die sich meist in Privatbesitz befinden, für Unruhe. »Das bedrückt die Leute stark«, sagt Hrejor. Der Pfarrer lud deshalb im vergangenen September zu einer Andacht, bei der »um Vergebung für die Schändung der Kreuze« gebetet wurde, und plant eine Wiederholung. Allerdings bezweifelt er, dass sich die Beschädigung explizit gegen die Sorben richtet: Es handle sich vorrangig »um eine christenfeindliche Tat«.

Mit einem abschließenden Urteil hält sich auch Benedikt Dyrlich, Chefredakteur der sorbischen Tageszeitung »Serbske Nowiny«, zurück. Er verweist aber darauf, dass auch rechtsextreme Schmierereien »mit Anspielungen auf die Sorben« zugenommen hätten. Er beklagt vor allem, dass es bei der Polizei bislang keine Erkenntnisse zu Tätern und Motiven gebe. Diese habe zwar intensive Ermittlungen geführt, sagt Uwe Horbaschk, der Sprecher der zuständigen Polizeidirektion Oberlausitz-Niederschlesien. Zeitweise wurde sogar eine spezielle Ermittlungsgruppe von Staatssschutz und lokalen Dienststellen gebildet. Täter, räumt er ein, wurden jedoch keine bekannt.

»Was bisher vorgelegt wurde, ist sehr dürftig«, sagt daher Dyrlich, der mehr Anstrengungen verlangt: »Das muss geklärt werden, damit keine Spekulationen entstehen und das gute Verhältnis zwischen Sorben und Deutschen nicht belastet wird.« Zwar gebe es antislawische Ressentiments bei kleinen Teilen der Bevölkerung. Ebenso wie Kosel verweist er auf verbale Attacken bei Fußballspielen. Diese verletzten viele Sorben. Sie bemühten sich aber meist, über solche Angriffe »souverän hinwegzugehen«.

Dies gelte nicht für die Zerstörung der Kreuze: »Das kann man nicht gelassen hinnehmen«, sagt er. Auch Kosel verlangt mehr Engagement der Polizei, aber auch stärkere Aufklärung über den Alltag der Sorben an den Schulen. Die Art der Straftaten deute »auf Ressentiments in Folge von Bildungsdefiziten«. Werde den Zerstörungen nicht Einhalt geboten, könnten die Wegkreuze verschwinden, sagt Hrejor: »Mancher nimmt die Wiederherstellung nicht mehr in Angriff, weil er fürchtet, dass sein Kreuz erneut zerstört wird.«

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