Favorit unter Vorbehalt

Alejandro Valverde will endlich WM-Gold

  • Oliver Händler
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Blutdoping-Skandal um den spanischen Arzt Eufemiano Fuentes liegt schon über drei Jahre zurück. Wie schnell doch die Zeit vergeht. Jan Ullrich ist zurückgetreten, Ivan Basso nach zwei Jahren Sperre wieder da, man könnte meinen, die Sache ist Geschichte. Doch der Skandal beschäftigt immer noch die Gemüter, vor allem das des großen Favoriten der heute beginnenden Straßenrad-Weltmeisterschaften: Alejandro Valverde. Der Spanier hat gerade seine Landesrundfahrt gewonnen und will am Sonntag in Mendrisio in der Schweiz endlich auch ins weltmeisterliche Regenbogentrikot schlüpfen. Ein Kleidungsstück, das er – sollte er es denn holen – vielleicht im nächsten Jahr gar nicht tragen darf.

Valverdes Kürzel stand auf einer Fuentes-Liste, sein Blut lagerte in dessen Kühlschrank, aber Rennen fährt der Mann aus Murcia noch immer. Der Weltverband UCI wollte ihn 2007 für die WM in Stuttgart sperren, doch der Internationale Sportgerichtshof CAS ließ ihn antreten. In diesem Jahr sperrte ihn der italienische Verband für Rennen in Italien, die UCI hat noch nicht mit einem weltweiten Ausschluss nachgezogen. Sollte dies Ende des Jahres geschehen, würden Valverde wahrscheinlich der Vuelta-Sieg und ein eventueller WM-Erfolg wieder aberkannt.

Vorerst hat Valverde Glück, dass die Titelkämpfe 2009 nicht drei Kilometer weiter westlich stattfinden: Mendrisio liegt an der Grenze zu Italien, mitten in den Alpen. Beim über 260 Kilometer langen Rundrennen müssen die WM-Fahrer 4655 Höhenmeter erklimmen. Auch das spielt Valverde in die Karten, denn zumindest in den spanischen Bergen konnte niemand den endschnellen Mann abhängen.

Die anderen Favoriten sind an zwei Händen abzuzählen und fahren meist entweder mit Valverde in einer Mannschaft oder gehen für Italien an den Start. Die Azzurri stellten in den vergangenen drei Jahren stets den Weltmeister. Damiano Cunego ist hier der Mann, um den der sportliche Leiter Franco Ballerini sein Team gebaut hat.

Die deutsche Mannschaft wird sich bei den Elite-Männern auf das Zeitfahren konzentrieren müssen. Tour-Überraschung Tony Martin (Eschborn) und Titelverteidiger Bert Grabsch aus Wittenberg (beide Columbia) sind zwar Medaillenkandidaten, an Lokalmatador Fabian Cancellara werden sie aber wahrscheinlich nicht vorbeikommen. Der beste Sprinter der Vuelta, Andre Greipel (Hürth), startet zwar im Straßenrennen, doch der Kurs wird ihm vermutlich zu hügelig sein. Schon nach der Schlussetappe der Vuelta hatte er gehofft, »dass es im nächsten Jahr weniger Berge gibt«.

Da ist der Blick auf die deutschen Frauen erfolgversprechender. Judith Arndt ist zwar nach ihrem Armbruch noch nicht wieder in absoluter Spitzenform, aber Trixi Worrack im heutigen Zeitfahren und die in den Bergen immer starke Claudia Häusler sind für Medaillen gut. »Niemand spielt bei uns Kapitän«, gibt Worrack die taktische Richtung vor. »Von uns können viele vorn ankommen, auch Judith, die schon wieder gut drauf ist.« Trainer Thomas Liese hat für das Straßenrennen nicht weniger als den WM-Titel zum Ziel gesetzt.

Für all das Kaffeesatzlesen gilt natürlich die Voraussetzung, dass die Dopingkontrolleure nichts finden. Dass auch die deutschen Athleten dagegen noch immer nicht immun sind, zeigte kürzlich die positive A-Probe des Kolkwitzers Olaf Pollack. Es gibt also weitaus mehr zu sehen bei dieser WM als nur Alejandro Valverde, so oder so.


Zeitplan Rad-WM

Heute:
Zeitfahren U-23 (33,2 km) 09.30
Zeitfahren Frauen (26,8 km) 14.00

Donnerstag:
Zeitfahren Männer (49,8 km) 11.30

Sonnabend:
Straße Frauen (124,2 km) 09.00
Straße U-23 (179,4 km) 13.30

Sonntag:
Straße Männer (262,2 km) 10.30

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