Ein Platz mit vielen Gesichtern

Gemeinsam mit Anliegern werden jetzt Ideen zur Neugestaltung des Gendarmenmarktes entwickelt

  • Steffi Bey
  • Lesedauer: 3 Min.
Quo vadis Gendarmenmarkt? In der Hauptstadt wird die zukünftige Ausgestaltung des zentralen Platzes diskutiert – eine Entscheidung über die Nutzung ist indes noch nicht gefallen.
Zwischen Deutschem und Französischem Dom das Schauspielhaus
Zwischen Deutschem und Französischem Dom das Schauspielhaus

Er ist ein Muss für Berlin-Touristen und auch bei den Einheimischen sehr beliebt: Der Gendarmenmarkt mitten in der historischen Friedrichstadt. Doch die vorhandene Platzstruktur wird nach Ansicht von Architekten und Planern der intensiven Nutzung nicht mehr gerecht. »Allgemeine Verschleißerscheinungen und fehlende Infrastruktur beeinträchtigen die gestalterische Erlebbarkeit des Gendarmenmarktes«, sagt die Leiterin der Werkstatt für Architektur und Denkmalschutz, Dagmar Tille.

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung will deshalb ein Konzept zur Neugestaltung des Platzraumes entwickeln. Dabei geht die Verwaltung neue Wege: In einem intensiven Dialog mit Anwohnern, Unternehmen und allen Interessierten sollen zunächst Planungsgrundsätze erarbeitet und anschließend konkrete Optionen diskutiert werden. »Wir beziehen in einer sehr frühen Phase die Öffentlichkeit ein, damit sich bereits in den Entwürfen Anregungen und Wünsche der Anlieger wiederfinden«, erklärt Tille. Erstmals werde in Berlin diese Herangehensweise praktiziert.

Unter dem Motto: »Zukunft Gendarmenmarkt« gibt es in den nächsten Monaten mehrere Veranstaltungen. Das erste Bürgerforum beschäftigte sich am Mittwochabend zunächst mit der wechselvollen Geschichte und der heutigen Situation auf dem mehr als 300 Jahre alten Platz. Dabei wurde deutlich: Die Fläche im Zentrum Berlins wurde immer wieder umgestaltet. Zunächst als Kirchhof und Markplatz unter Leitung von Johann Arnold Nehring 1688 angelegt, diente der Platz zudem für militärische Reitübungen. »Im Sommer war der Untergrund staubig und im Winter versank man im Morast«, beschreibt Klaus von Krosigk vom Berliner Landesdenkmalamt die Situation. Erst ab 1800 gab es einen gepflasterten Untergrund. 1821 kam dann zu den beiden Kirchen das »von Schinkel entworfene Schauspielhaus dazu, dass auf den Grundmauern seines Vorgängerbaus errichtet wurde«, sagt Landschaftsarchitekt Reinald Eckert.

Wiesen, Blumenbeete, Schmuckpflanzen und Gehölze wurden erst Ende des 19. Jahrhunderts angelegt. Während der NS-Diktatur diente der Gendarmenmarkt als Aufmarschplatz und erst in den 1960/1970er Jahren begann der Wiederaufbau der zerstörten Architektur. »Seit dieser Zeit stellt der Platz ein großes, zusammenhängendes Rechteck dar«, betont Eckert. Davor teilten stets Straßen die Fläche.

Landschaftsarchitekt Till Rehwaldt hat in den vergangenen Monaten mit seinem Team die Nutzung und den Zustand des Grundstücks untersucht. Dabei kam unter anderem heraus: Es gibt Bereiche, in denen die Großzügigkeit nicht mehr erlebbar ist. Weil Bäume die herrlichen Fassaden verdecken, die sich ausbreitende Gastronomie teilweise ein Durchkommen für Fußgänger unmöglich macht und größtenteils der Platz von parkenden Autos umstellt ist. »Wir müssen gemeinsam über bestimmte Grundregeln nachdenken und Potenziale aufdecken, die eben nur dort zu verwirklichen sind«, betont der Landschaftsarchitekt.

Die Vorsitzende vom Verein der Freunde und Förderer des Gendarmenmarktes, Ada Withake-Scholz, begrüßt die neue Herangehensweise der Verwaltung und wünscht sich, dass der herrliche Platz seine vielen Gesichter bewahrt.

Für Mitte November ist das zweite Bürgerforum geplant, auf dem erste Nutzungs-Varianten vorgestellt werden. Auch eine Internetseite ist im Aufbau.

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