Sparer im Stich gelassen

Verbraucherschutz wird kleingeschrieben – auch von Schwarz-Gelb

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.

Heute ist Weltspartag: Verbraucherschützer kritisieren aus diesem Anlass die neue Bundesregierung und weisen auf Lücken im Koalitionsvertrag hin.

Die von Schwarz-Gelb geplante neue Finanzaufsicht unter dem Dach der Bundesbank lässt Sparer und Geldanleger im Stich, kritisiert Deutschlands oberster Verbraucherschützer Gerd Billen. »Die überfällige Kompetenzerweiterung in Richtung Verbraucherschutz findet im Koalitionsvertrag keine Erwähnung.«

Eine aktuelle Forsa-Umfrage zeigt, wie dringend ein verbesserter staatlicher Verbraucherschutz wäre. Demnach tragen die Menschen in der Krise teilweise noch mehr Geld zu den Finanzhäusern, sehr häufig für die Altersvorsorge. Welches Produkt sich dafür eignet, da klaffen die Meinungen der Sparer und der Verbraucherschützer weit auseinander. »Verbraucher folgen nicht der Verbraucherzentrale«, jubiliert der Informationsdienst der Versicherungsmakler. Dagegen sehen die Verbraucherzentralen in der Kluft ein weiteres Indiz für die mangelhafte Qualität der Anlageberatung. Trotz aller Kritik hören noch immer drei von vier Befragten auf den Finanzberater einer Bank oder Versicherung.

Im Koalitionsvertrag von Union und FDP spielen auch verbraucherpolitische Themen eine Rolle. So will Schwarz-Gelb die Verbraucher besser vor Internetabzockern schützen sowie die Kontrolle der Banken und Finanzdienstleister künftig ganz der Bundesbank überlassen. Die Zentralisierung der Aufsicht wird vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) abgelehnt. Die Finanzaufsicht konzentriere sich zudem nur auf die Zahlungsfähigkeit der einzelnen Banken und die Stabilität des Finanzsystems, sie müsse jedoch auch die Verbraucher schützen, fordert vzbv-Vorstand Billen.

Ohnehin hinkt Deutschland beim öffentlichen Sparerschutz anderen europäischen Ländern weit hinterher, wie eine neue Untersuchung im Auftrag des vzbv belegt. Danach ist Verbraucherschutz in die Aufgaben und Ziele der deutschen Finanzaufsicht kaum integriert. Ein Defizit, das sogar im Widerspruch zu Teilen der EU-Gesetzgebung, etwa der Finanzmarktrichtlinie MiFID, steht. Dagegen haben selbst das besonders bankenfreundliche Großbritannien ebenso wie das sozialpartnerschaftliche Schweden in ihre Aufsichtsysteme weitreichende Regeln zum Schutz der Sparer eingebaut. Die schwedische Finanzmarktgesetzgebung schreibt den Funktionsschutz des Marktes und den Schutz der Verbraucherinteressen sogar ausdrücklich als gleichberechtigte Ziele fest: »Diese doppelte Zielsetzung findet in der Verwaltungspraxis der Finanzaufsicht ihren nachhaltigen Niederschlag«, loben die Autoren der Studie. Und die Schweden erfahren das auch: Die Finanzinspektionen in Stockholm veröffentlichen ihre Aktivitäten im Internet.


Lexikon

Im Oktober 1924 trafen sich Sparkassenvertreter aus 30 Ländern zum »1. Internationalen Sparkassen-Kongress« in Mailand. Damals entstand die Idee, fortan jedes Jahr am 30. Oktober in »allen Kulturländern« einen Weltspartag zu begehen. Er wurde 1989 von der UNO abgesegnet. Längst nutzen ihn auch Privat- und Genossenschaftsbanken für Werbeaktionen. Den Begründern ging es indes nicht nur um den schnöden Mammon, sondern auch um einen sparsamen Umgang mit der Zeit, der Kraft und allen schönen Dingen dieser Erde. hape

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