Marxistin?

Beatrix Bouvier / Die Professorin fühlt sich Marx verbunden, auch wenn sie dessen Radikalität ablehnt

Sie ist sich nicht zu schade, bei einem Kinderbuch ratend zur Seite zu stehen. Manch Professor würde die Nase rümpfen, erreichte ihn eine solche Anfrage. Beatrice Bouvier nicht. »Ohne Schein kein Sein – Maria rettet Karl Marx« heißt der Band, der Kindern erklärt, warum Geld alles und nichts sein kann, Arbeiter nicht das bekommen, was sie verdienten, und wieso in einer Tafel Schokolade viel Ungerechtigkeit stecken kann. Aber auch, »wie aus guten Ideen dicke Mauern werden«. Die Geschichte von Maria und ihrem Freund spielt im Berlin unserer Tage, reflektiert aber Geschichte des 20. Jahrhunderts, insbesondere die der DDR.

Beatrix Bouvier ist im Mecklenburgischen geboren und in Frankfurt am Main aufgewachsen, wo sie Geschichte und Politische Wissenschaften, u. a. bei Marx-Forscher Iring Fetscher, studierte. Erste wissenschaftliche Meriten erwarb sie sich nicht mit Marx, sondern mit Studien zur – aus ihrer Sicht – »Zwangsvereinigung« von KPD und SPD 1946. Sie arbeitete beim Bundesarchiv in Koblenz und lehrte bis Anfang dieses Jahres an der TU Darmstadt. Jetzt hat sie einen weiteren Abschied angekündigt: Im Dezember, wenn sie ihren 65. feiert, wird sie als Direktorin des Karl-Marx-Hauses in Trier zurücktreten. Sie versichert, Marx weiter treu zu bleiben, z. B. im Vorstand der Internationalen Marx-Engels-Stiftung. Und im Frühjahr wird sie in Südkorea über Marx-Forschung referieren.

Seit 2003 leitete sie das Museum in Marxens Geburtshaus nebst dazugehörendem Studienzentrum, die beide unter den Fittichen der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung stehen. Ihr sei es gelungen, die jährliche Besucherzahl um ca. 10 000 zu erhöhen (darunter sicher nicht nur Chinesen, wie Mediengläubige annehmen könnten). Zudem hat sie die Ausstellung erweitern lassen, so durch ein Kapitel über die »Weltweite Inanspruchnahme der Ideen von Karl Marx«. Sie begrüßte die mit dem Ende des »Kommunismus« wegfallende einseitige Vereinnahmung, die den Blick für einen »anderen« Marx öffnete, und freut sich über dessen Renaissance mit der neuen Krise. Ob sie, die auch zur DDR-Sozialpolitik publizierte, verstehen kann, wenn sich Menschen im Osten heute in ihrer Not nach der einstigen »Versorgungsdiktatur« zurücksehnen?

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal