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MachMit!-Museum

Wie man sich bettet

  • Kilian Klenze
  • Lesedauer: 3 Min.

Jeder braucht es allnächtlich, wenige nur machen sich tiefere Gedanken darüber: Schlafen gehört einfach zu unserem festen Lebensrhythmus. Während dieser Ruhephase entgiftet sich der Körper, reguliert seine Funktionen, läuft der Energiebedarf auf Sparflamme. Manchmal träumen wir und fragen uns am nächsten Morgen, was der Traum bedeuten könnte. Schlaf und Traum sind noch immer Objekt schlafmedizinischer Forschung, das MACHmit! Museum für Kinder widmet ihnen sogar eine ganze Ausstellung. »Schlafen & träumen« sind wellenförmig und nachtblau, und so empfängt den Besucher auch eine Welt aus geschwungenen blauen Stellwänden.

Zuerst stößt er auf Fotos von Schlafstätten. Mit dem Kopf auf dem Sofa schlummert ein Junge in der Mongolei, in der Sahara behütet eine Mutter ihre Kinder auf einer Matte, ein Japaner hat es sich auf der Kette zwischen zwei Pfosten auf der Straße »gemütlich« gemacht. Leere oder friedlich beschlafene Ruheplätze, geordnet oder zerwühlt, sieht man auch aus Nepal, Mexiko, Kanada, Berlin. Selbst eine Parkbank dient einem Mann unter Pappwänden als Ausruhmöbel.

Dann wird es konkreter. Was Klassen der Erika-Mann-Grundschule mit verschieden kulturellem Hintergrund zum Thema erforscht und aufgebaut haben, bildet das Ausstellungszentrum. Dabei fanden sie heraus, dass vor 100 Jahren die Schlafgewohnheiten mehr von klimatischen Bedingungen und der Nahrungssituation geprägt waren als heute. So konnten die Bewohner von Feuchtgebieten gut jagen, pflanzen, Ställe anlegen, sesshaft werden. Unfruchtbare Trockengebiete brachten Nomaden mit grasenden Herden hervor. Zwei Welthalbkugeln zeigen die entsprechenden geografischen Orte, eine Karte löst die Welt in Klimazonen auf, überall sind Sternbilder zu sehen, vom Orion bis zum Kleinen Bären. Bestaunen kann man ein altes Kinderbett, das ein Harzer Stellmacher vor einem Jahrhundert für seine Enkel gefertigt hat und in dem von 1898 bis 2008 alle Nachkommen geschlafen haben.

Spannender noch sind die Behausungen der einzelnen Kontinente. Inuit heißen in arktischen Gefilden die Bewohner eines Iglu, ihr bei uns gebräuchlicher Name Eskimo bedeutet Rohfleischesser oder Schneeschuhflechter. Dass Kinder ins Iglu krabbeln können, wie auch in alle weiteren Häuser, versteht sich. In gemalter polarer Landschaft hängen noch Tierfell und Stockfisch. Typisch für die Steppen Zentralasiens sind bunte Jurten, wie man sie in zwei Stunden auf- oder abbauen kann. Ein zusammensteckbares, weich gepolstertes Bett sieht man darin, erfährt, dass links die Männer, rechts die Frauen, in der Mitte der Ofen Platz hatten. Im Regenwald bewohnte man palmwedelbedeckte Holzgerüste zu 30 Personen, schlief zum Schutz gegen Tiere auf Hängematten. Wer mag, kann hineinklettern und schaukeln. Die Ausstellung blendet indes nicht aus, dass man heute überall Steinhäuser bevorzugt, mit Heizung, Strom, Supermarkt. Kaum jemand etwa in Mitteleuropa nutzt noch Schrankbetten, in denen Bauernfamilien eng und warm beieinander lagen, auf Strohmatratzen und mit spreugefüllter Bettdecke.

Futuristisch wirken die gestapelten Buchten mit Einschlupf in Kapselhotels, wie man sie seit 1977 in Japan, nun auch weltweit findet und die eher an Kühltruhen für Leichen erinnern. Da kuschelt man sich doch gern ins weiche Bett und schaut vorher den Kindern beim themenbezogenen Basteln zu.

Bis 18.4., MACHmit! Museum, Senefelderstr. 5, Prenzlauer Berg, Telefon 7477 8200, Infos unter: www.machmitmuseum.de

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