Etikettenschwindel

  • Dieter Janke
  • Lesedauer: 1 Min.

Das Urteil des Finanzgerichtes Hannover zum »Solidaritätszuschlag« hat den Etikettenschwindel, mit dem die Kohl-Regierung die seinerzeitige Erhöhung der Einkommens- und Körperschaftssteuer verbal an den Aufbau Ost gebunden hat, einmal mehr offenbart: Wie alle Einnahmen des Bundes war und ist der Aufschlag mitnichten zweckgebunden. Die Finte wurde ersonnen, weil das Wahlversprechen des »Einheitskanzlers« Kohl, die Einheit aus der Portokasse zu zahlen, schlicht Wählertäuschung war. Die Möglichkeit der Belastung von Banken, Versicherungen und großer Handelsketten wie all derer, auf die das Ende der Zweistaatlichkeit wie ein Jungbrunnen wirkte, wurde dagegen ausgeschlagen. Seit Jahren erregt der irreführende Name die Bundesbürger West. Viele sind sogar dem Irrglauben erlegen, sie allein würden hier zu Kasse gebeten. Für das mentale Zusammenwachsen zwischen West und Ost ist der »Soli« daher eine Hypothek.

Zwar weiß derzeit niemand, wie sich die Karlsruher Richter positionieren werden. Bringen sie den »Soli« aber zu Fall, wird es schwer sein, das zweistellige Milliardenloch ohne Weiteres zu stopfen. Allein deshalb wäre es redlicher, die vermeintliche Sondersteuer in den Tarif bei der Einkommens- und Körperschaftssteuer zu integrieren. Bedingung dafür wäre jedoch, aus dem langen Schatten Helmut Kohls zu treten – und eine Einheitslüge auch als das zu benennen, was sie bis heute ist.

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