Prima Klima in Berlin

Bundestag debattierte / Greenpeace handelte

  • Susanne Götze
  • Lesedauer: 3 Min.
Mutlosigkeit, faule Tricks, Opportunismus – so lautet die Kritik der Opposition an der Bundesregierung vier Tage vor der Weltklimakonferenz in Kopenhagen.
In Sichtweite des Kanzleramtes: Protestaktion von Greenpeace gegen die Klimapolitik der Bundesregierung.
In Sichtweite des Kanzleramtes: Protestaktion von Greenpeace gegen die Klimapolitik der Bundesregierung.

LINKE, Grüne und SPD warfen der Bundesregierung am Donnerstag im Bundestag vor, sich nicht entschlossen genug für eine Einigung auf ein internationales Klimaschutzabkommen stark zu machen. Nicht nur eine blasse Rede von Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU), der beteuerte, dass der Erfolgswille aller Beteiligten in Kopenhagen sichtbar vorhanden sei, und immer noch fehlende finanzielle Zusagen für Entwicklungsländer gaben Anlass zur Kritik: Union und Liberale beschlossen zudem in einem Antrag, dass es keine zusätzlichen Gelder für die Klimaanpassung in Entwicklungsländern geben wird. Alle Hilfen, die die Bundesregierung bei der UN-Konferenz in Kopenhagen eventuell zusagen werde, sollen demnach aus dem Entwicklungshilfetopf genommen werden. Man wolle sich die Beiträge zur Finanzierung des internationalen Klimaschutzes auf das Ziel »anrechnen« lassen, bis zum Jahr 2015 0,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Entwicklungszusammenarbeit auszugeben, hieß es in dem Antrag. Auf das 0,7-Prozent-Ziel hatten sich die Industrieländer im Jahr 2000 im Rahmen der UN-Millenniumsziele verpflichtet. Ferner fordert die schwarz-gelbe Koalition, dass sich auch die Entwicklungsländer »angemessen« an den internationalen Verpflichtungen beteiligen sollen: mit Reduktionszielen beim CO2-Ausstoß von bis zu 30 Prozent.

»Damit sich die armen Länder beteiligen, muss ihnen ein faires und konkretes Angebot gemacht werden«, forderte dagegen Hermann Ott, klimapolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, in der Bundestagsdebatte. Der Regierungsantrag sei aber das genaue Gegenteil und die Politik der Regierung »finsterstes 20. Jahrhundert«. Ott prophezeite der Regierung, dass sich die Entwicklungsländer nicht übers Ohr hauen lassen werden. Die Verhandlungen in Kopenhagen würden sich durch die Politik von Schwarz-Gelb weiter verkomplizieren. Trickreich und zynisch nannten auch Redner der LINKEN den Vorschlag der Regierung. Eva Bulling-Schröter, Vorsitzende des Umweltausschusses, kritisierte zudem die »faulen Emissionszertifikate«, mit denen sich deutsche Unternehmen in Entwicklungsländern von ihren Verpflichtungen bei der Reduktion des CO2-Ausstoßes »freikaufen« würden.

Dass FDP und CDU mit ihrer Mogelpackung die Weltklimakonferenz torpedieren könnten, befürchtet auch Klimaexperte Jan Kowalzig von Oxfam Deutschland: »Die finanzielle Unterstützung für Klimaanpassung muss neu und zusätzlich sein«, erklärte er am Donnerstag in Berlin. Vor zwei Jahren auf der UN-Klimakonferenz in Bali sicherten die Industrienationen den ärmeren Ländern zusätzlich zu bereits gewährten Hilfen finanzielle Unterstützung für Klimaanpassungsmaßnahmen sowie Technologietransfer zu. Diese »Zusätzlichkeit« ist aber mit der Zusammenlegung von Klimaschutz und Armutszielen nicht mehr gewährleistet, kritisieren Nichtregierungsorganisationen.

Bisher konnten sich die reichen Länder immer noch nicht durchringen, konkrete Zahlen für die Höhe der Hilfen für Entwicklungsländer zu nennen. Diese gelten als Voraussetzung dafür, dass sich ärmere Länder an einem neuen Klimavertrag beteiligen. Nichtregierungsorganisationen fordern, dass die Industrieländer bis 2020 bis zu 110 Milliarden Euro jährlich in einen internationalen Klimafonds einzahlen, die EU soll 35 Milliarden Euro beitragen.

Greenpeace-Kletterer brachten am Donnerstag ein überdimensionales Konterfei der Bundeskanzlerin an den Türmen des Berliner Hauptbahnhofs an. Daneben war auf einem 18 mal 28 Meter großen Transparent zu lesen: »Frau Merkel: Klima retten! Jetzt oder nie! Kopenhagen 2009.« Der Klimagipfel dürfe »nicht zu einem Festival der politischen Rhetorik verkommen«, forderte Greenpeace in einer Mitteilung. Der Naturschutzbund (NABU) trug eine »Moorjungfrau« vor das Kanzleramt, um für den Schutz der Moore zu demonstrieren.

Angela Merkel zeigt derweil lieber mit dem Finger auf andere. Bei einem Treffen mit Brasiliens Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva in Berlin forderte die Kanzlerin die Schwellenländer zu verstärktem Klimaschutz auf.

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