Wortbruch und Flucht nach vorne

Minister ist Getriebener

  • Lesedauer: 2 Min.

Auch wenn er diesen Eindruck vermeiden wollte: bei der kurzfristigen Anberaumung der Sondersitzung des Hessischen Landtags zwei Tage vor Heiligabend war der Wirtschafts- und Verkehrsminister Dieter Posch der Getriebene und nicht die treibende Kraft. »Der Präsident des Landtags kann den Landtag jederzeit einberufen. Er muss es tun, wenn die Landesregierung oder mindestens ein Fünftel der gesetzlichen Zahl der Mitglieder des Landtags es verlangt«, schreibt Artikel. 83 Abs. 5 des Landesverfassung vor. Posch und die CDU/FDP-Koalition hatten in der vergangenen Woche beim Landtagspräsidium die Sitzung eiligst beantragt und waren damit der Opposition aus SPD, Grünen und Linksfraktion zuvorgekommen. Diese beklagt den »Wortbruch« der Koalition, nachdem Posch abgekündigt hatte, die Regierung werde gegen ein aktuelles Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes (VGH) in Revision gehen, das im Zusammenhang mit dem seit Jahresbeginn laufenden Bau einer neuen Landebahn am Frankfurter Rhein-Main-Flughafen ein Nachtflugverbot zwischen 23 und 5 Uhr verlangt.

Posch werde in der Sondersitzung »das Parlament über die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde, schnelle Rechtsklarheit und -sicherheit für den Ausbau des Frankfurter Flughafens zu suchen, unterrichten«, hieß es auf der Landtags-Website im Behörden-Neusprech. Kritiker argwöhnen, dass die Regierung nun statt »Rechtssicherheit« mit Hilfe des Bundesverwaltungsgerichts und der Bundesregierung das als Ausgleich für den Ausbau versprochene Nachtflugverbot völlig aushebeln will. »Lassen Sie es nicht zu, dass unser demokratisches System wegen eines nicht zu rechtfertigenden Wortbruchs einen erheblichen Vertrauensverlust erleidet«, warnen Bürgermeister und Landräte im Umland des Frankfurter Flughafens in einer aktuellen Resolution an die Adresse von Landtag und Landesregierung. hgö

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal