Audioguide
Schleichwege
Die Potsdamer Straße ist ein Geheimtipp – nicht nur für Touristen, sondern auch für Einheimische. Unweit vom Potsdamer Platz verstecken sich viele kleine Parks, alt-ehrwürdige Berliner Kneipen und ein interessanter Teil Berliner Kulturgeschichte.
Mehr darüber erfahren die Besucher in einem digitalen Stadtführer im Internet oder über einen MP3-Player als Audioguide. Stadträtin Angelika Schöttler vom Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg möchte, dass die Touristen sich auch mit den Sehenswürdigkeiten im Kiez beschäftigen und nicht nur auf den ausgetretenen Pfaden in Richtung Potsdamer Platz oder Museumsinsel wandern. Rund um die Potsdamer Straße haben in den vergangenen Jahren viele Hotels und Pensionen neu eröffnet. »Da liegen wir berlinweit an vierter Stelle«, so Schöttler. Sie wünscht sich, die Touristen würden sich mehr mit der Kiezgeschichte beschäftigen.
»Wir haben viel Kunst und Kultur, viele historische Kneipen, die es verdienen, bekannter zu werden«, betont Schöttler. Sechs Kilometer fassen die Spaziergänge zusammen, die im Projekt »Potsdamer Straße Kompakt« vom Quartiersmanagement Schöneberg-Nord in den vergangenen sechs Monaten entwickelt wurden. Neben Informationen zur Geschichte und Entstehung der einzelnen Orte gibt es im Audioguide auch Kommentare etwa von Historikern, die dem Zuhörer erklären, was er sich gerade ansieht.
Rare Zeugnisse untergegangener Salonkultur
Vom Café Einstein in der Kurfürstenstraße 58 berichtet der Audioguide, dass es als Wiener Kaffeehaus zu den schönsten Beispielen für die Villenarchitektur des Viertels gehört. Der Begaswinkel in der Genthiner Straße wird vorgestellt, der als gründerzeitliches Ensemble 1871 von Ernst Klingenberg gebaut wurde. Im Begaswinkel stehen sechs idyllische, klassizistische Villen, in denen einst der Maler Adalbert Begas wohnte. Die Häuser gelten heute als die raren Zeugnisse einer untergegangenen Berliner Salonkultur. Der elektronische Stadtführer erinnert auch an große Männer der deutschen und Berliner Geschichte, die auf dem alten Sankt-Matthäus-Kirchhof in der Großgörschenstraße 12 begraben wurden. Zu den 60 »Ehrengräbern« gehören die letzten Ruhestätten der Brüder Grimm, des Mediziners Virchow und des Komponisten Max Bruch. Damit gilt der Friedhof als ein bedeutsames Archiv der Berliner Stadthistorie.
Zu dem Quartier mit seinen Grünanlagen, Orten der Geschichte und Architektur, mit Restaurants, Cafés, Bars und den kleinen ungewöhnlichen Geschäften gehört auch das Gleisdreieck, das zu einer der größten Parkanlagen Berlins umgestaltet wird. Bereits jetzt lädt der Beachpark zwischen Bülow- und Yorkstraße mit 25 Plätzen zum Beachvolleyball ein. Es geht zum Pallasseum und Hochbunker in der Pallasstraße/Potsdamer Straße. Dabei wird auch an den abgerissenen Berliner Sportpalast erinnert. Als besonderer Tipp gelten die dreizehn Bögen des U-Bahn-Viadukts an der Pohlstraße 11 als einer der größten Kunst- und Kulturstandorte, sowie die Königskolonnaden, das Kathreinerhaus am Kleistpark oder das Kammergericht als Orte der Geschichte.
18 500 Euro hat das Projekt gekostet. Aber es steckt auch viel ehrenamtliche Arbeit dahinter, betont die Stadträtin Angelika Schöttler. »Die Touristen wollen heute etwas besonderes erleben«, ist sie aber überzeugt. Dieses Projekt kann den Besuchern dabei eine Hilfe sein.
www.potsdamer-strasse-kompakt.de
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