Der höchst verdächtige Link

Ein Brandenburger Projektehaus im Visier des Verfassungsschutzes

  • Peter Nowak, Potsdam
  • Lesedauer: 3 Min.
Zahlreiche zivilgesellschaftliche Projekte, wie die Opferperspektive, der Brandenburger Flüchtlingsrat sowie Umweltgruppen haben im Babelsberger Projektehaus ihre Büros. Jetzt fordert die Brandenburger CDU die Streichung der Fördermittel für den Verein.

Idyllisch liegt das Babelsberger Projektehaus am Griebnitzsee. Auf dem Areal in Potsdam leben seit fünf Jahren Menschen aus mehreren Ländern und Generationen zusammen. Sie haben das Haus selbst nach ökologischen Grundsätzen renoviert. Beim Töpferkurs sitzt schon mal die Mutter aus dem Potsdamer Neubaugebiet Am Schlaatz mit der Mutter aus der Babelsberger Villa an einem Tisch.

Zahlreiche zivilgesellschaftliche Projekte, wie die Opferperspektive, der Brandenburger Flüchtlingsrat sowie Umweltgruppen haben ihre Büros im Projektehaus. »Unser Ziel ist es, gesellschaftliches Engagement und Zusammenleben zu verbinden«, betont der Koordinator des Projekthauses, Holger Zschoge.

Alter Protestaufruf zur Klimakonferenz

Dieses Engagement hat das Projekt ins Visier von CDU-Politikern und Medien gebracht. Den Anfang machte Brandenburgs Verfassungsschutz. Auf dessen Homepage heißt es unter der Überschrift »Linksextremistische Bündnispolitik/UN-Klimakonferenz« über den Träger des Hauses: »Der in Potsdam ansässige ›Förderverein innovativer Wohn- und Lebensformen‹ (Inwole) hat sich auf seiner Homepage mit ›Never trust a cop‹ verlinkt«. »Trau niemals einem Polizisten« war der Name des linken Bündnisses, das anlässlich des Klimagipfels in Kopenhagen zu Aktionen des zivilen Ungehorsams aufgerufen hatte.

Potsdamer Medien machen mit

Auf der Homepage des Verfassungsschutzes wurde auch auf einen kritischen Aufruf zu den Klimaprotesten hingewiesen. Danach wurden mehrere Förderer des Vereins aufgeführt, darunter die GLS Gemeinschaftsbank, die Bewegungsstiftung und die Organisation Jugend für Europa. Über die wiederum teilt der Verfassungsschutz mit, dass der Verein nach eigenen Angaben im Auftrag des Bundesfamilienministeriums arbeite.

Der CDU-Innenpolitiker Sven Petke begrüßte das »offensive Vorgehen des Verfassungsschutzes« und forderte die Streichung der Fördermittel für den Verein. »Es ist untragbar, dass der Staat seine Gegner mit Fördergeld unterstützt.« Auch die Regionalzeitung Potsdamer Nachrichten griff die Kampagne auf und titelte: »Aufrufe zur Gewalt – gefördert von Bund und EU«. Eine Gegendarstellung des Vereins druckte sie nicht.

»Dabei stammt der inkriminierte Aufruf von der Initiativgruppe Soziale Bewegung / Potsdamer Klimabündnis Kopenhagen, die kein Projekt des Vereins ist«, betont Katja Altenburg von Inwole. Die Gruppe nutzte allerdings die Internetplattform von Inwole. Das entspreche dem Selbstverständnis von Projekthaus und Verein. Ziel sei es, möglichst viele Menschen in selbst organisierter Projektarbeit zu unterstützen. »Das Projekthaus wird daher auch von nicht zum Verein gehörenden Gruppen und Personen genutzt, die selbst über Inhalte und Form ihrer Projekte entscheiden«, betont Altenburg.

Erreichbar nur über etliche Klicks

Der Link zu der Homepage der linken Klimabewegung stehe nicht auf der Vereins-Homepage, sondern ist nur über mehrere Klicks auf andere Initiativen zu erreichen. »Da könnte auch die Stadt Potsdam zu den Unterstützern gerechnet werden, denn die hat auf Freizeitaktivitäten von uns auf ihrer Homepage hingewiesen«, so Altenburg. Da bisherige Bemühungen, mit dem Verfassungsschutz zu kommunizieren, ergebnislos waren, erwägt der Verein juristische Schritte, um die Mitteilung entfernen zu lassen.

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