Haushalt – Abbild der Wirtschaftskrise

Schäuble kündigte über aktuellen Etat hinaus bereits einen harten Sparkurs der Koalition an

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Der Bundestag hat am Dienstag mit der Beratung über den Bundeshaushalt für das laufende Jahr begonnen. Einen Tag vor der heutigen »Elefantenrunde« mit der Bundeskanzlerin lag der Hauptpart der Regierungsdarstellung bei Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU).

Berlin (ND/Agenturen). Der bis zum Freitag zu beratende Haushalt steht unter Vorbehalt, weil die schwarz-gelbe Regierung sich nach eigenem Bekunden Änderungen nach der für Mai erwarteten Steuerschätzungen vorbehält. Zudem stimmte Wolfgang Schäuble die Bürger bereits auf einen drastischen Sparkurs vom nächsten Jahr an ein. Er kündigte »schwerwiegende Entscheidungen« sowie Einschnitte auch bei gesetzlichen Leistungen ab dem Jahr 2011 an. Details ließ er erneut offen. Schäuble: Der Haushalt 2010 sei ein »Abbild der Wirtschaftskrise«.

Auf die von der Koalition geplanten weiteren Steuersenkungen von bis zu 19,5 Milliarden Euro im Jahr ging er nicht ein. Offen ist, wie Steuersenkungen finanziert werden. Das Volumen von jährlich 19,5 Milliarden Euro würde den Bund 10 Milliarden kosten. Der Finanzminister rechtfertigte vor allem die Rekord-Neuverschuldung von 85,8 Milliarden Euro. In der jetzigen Situation, in der die Finanzmärkte ihre Funktionsfähigkeit zu verlieren drohten, müsse der Staat eingreifen, begründete Schäuble den beispiellosen Anstieg der Neuverschuldung.

Attacke auf die Mövenpick-Partei

Die Opposition ließ die Regierungssicht nicht gelten. SPD-Fraktionsvize Joachim Poß kritisierte, Schäuble habe nur eine pathetische Rede gehalten, aber »null Antworten« zur Strategie gegeben. »Ihnen fehlt die klare Orientierung.« Die LINKE strahlte nach den zermürbenden internen Konflikten der jüngsten Vergangenheit Angriffslust aus. Schon äußerlich schien man das Bild einer in Hahnenkämpfen zerstrittenen Partei korrigieren zu wollen – in den ersten beiden Stuhlreihen präsentierten sich ausnahmslos weibliche Protagonisten der Fraktion; auch in der Debatte bot die Fraktion zunächst allein Rednerinnen auf.

Gesine Lötzsch prangerte die bekannt gewordene Hotel-Millionenspende an die Regierungsparteien an. Reiche könnten sich offenkundig Politik bestellen, Arme dagegen hätten keine Chance, so die Fraktionsvizechefin. Die FDP wurde von Lötzsch aufgefordert, die erhaltenen 1,1 Millionen zurückzugeben, sonst werden Sie »zu recht als die Mövenpick-Partei in die Geschichte eingehen«.

Die schwarz-gelbe Koalition habe sich in der Frage der Haushaltskonsolidierung längst für den Weg einer Kürzung von Sozialleistungen entschieden. Stattdessen trete die LINKE für ein gerechtes Steuersystem durch die Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 50 Prozent, durch Besteuerung von Veräußerungsgewinnen und eine Millionärssteuer ein. Der vorgelegte Haushalt sei ein Etat von Lobbyisten für Lobbyisten, so Lötzsch. Diesen Vorwurf hatte auch Joachim Poß erhoben. Die Politik der »Klientelregierung« von Kanzlerin Merkel werde »zur Bedrohung unserer Zukunft«, sagte Poß.

Nur Ahnung von Vetterle-Wirtschaft

Der Grünen-Abgeordnete Alexander Bonde kritisierte, der Haushalt verstoße gegen das Prinzip der Generationengerechtigkeit. Bei einem Ausgabenvolumen von 325 Milliarden Euro, bei dem allein hundert Milliarden Euro auf Pump finanziert würden, wisse »jeder Mensch, dass das nicht abbaubar ist, wenn man gleichzeitig die Einnahmeseite kaputt macht«. Die Leittragenden seien »unsere Kinder, Enkel und Urenkel«. Bonde warf Schäuble vor, das Steuergeschenk der ermäßigten Umsatzsteuer für Hotel-Betriebe entgegen aller ökonomischen Vernunft durchgesetzt zu haben. Der Finanzminister verstehe zwar etwas von »Vetterle-Wirtschaft«, aber nicht von Wirtschaft.

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