Streit um die »Sozialstudie Saar«

Landtagsdebatte zum Armutsbericht

  • Oliver Hilt, Saarbrücken
  • Lesedauer: 2 Min.
Lange hat man im Saarland auf einen Armutsbericht warten müssen. Jetzt liegt er vor und heißt auf Wunsch der ehemaligen CDU-Landesregierung »Sozialstudie Saar«. Welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind, hat am Mittwoch zu einer heftigen Debatte im Landtag geführt.

»Mit Begriffen macht man Politik«, sagte die LINKE-Abgeordnete Barbara Spaniol am Mittwoch im Saarbrücker Landtag. Deshalb gebe es im Saarland eben keinen Armuts- und Reichtumsbericht, sondern eine »Sozialstudie Saar«. In dieser Studie würden aber beispielsweise die Themen Kinder- und Frauenarmut nur unzureichend beleuchtet. In beiden Bereichen sei die Situation aber »besorgniserregend«.

Der Studie zufolge lag das Armutsrisiko im Saarland im Jahr 2007 zwischen 14 und 16,8 Prozent, je nachdem ob man bei der Berechnung den sogenannten Landes- oder Bundesmedian zugrunde legt. Hauptsächlich betroffen sind Kinder und Jugendliche, aber auch Alleinerziehende, zumeist Frauen, die ein Armutsrisiko von 43 Prozent haben.

Eine Mitschuld sieht Spaniol auch bei der ehemaligen CDU-Landesregierung. In ihrer Amtszeit sei das Land zu einem Niedriglohnland mit einem hohen Anteil prekärer Beschäftigungsverhältnisse und Leiharbeit geworden. In diesen Bereichen liege das Land im Ländervergleich »im oberen Bereich, oft an der Spitze«. Spaniol erneuerte die Forderung der Linken nach Erhöhung der Hartz-IV-Sätze, insbesondere für Kinder, die Einführung eines Sozialpasses oder ein echtes Schulstarterpaket.

Die SPD-Fraktionsvize Cornelia Hoffmann-Bethscheider verwies auf den kontinuierlichen Anstieg des Armutsrisikos im Saarland. Das sei aber lange nicht zur Kenntnis genommen worden. »Arme Menschen passen nicht zum Aufsteigerland«, sagte sie mit Blick auf den Slogan der Regierung von Ministerpräsident Peter Müller (CDU). Sie forderte von der Landesregierung eine Bundesratsinitiative zur Kindergrundsicherung und im Saarland eine gemeinsame Initiative von Politik und gesellschaftlichen Gruppen für eine »Charta für ein soziales Saarland«.

Sozialministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) betonte dagegen, die Sozialstudie habe für die letzten zehn Jahre einen Aufholprozess mit einer »relativen Verbesserung« festgestellt. Zudem habe die Untersuchung die »Mehrdimensionalität der sozialen Benachteiligung« herausgearbeitet. Speziell zum Thema Kinderarmut kündigte die Ministerin eine wissenschaftliche Folgeuntersuchung an.

Die schwarz-gelb-grüne Landesregierung will in einem »Aktionsplan Armutsbekämpfung« bereits vorhandene Maßnahmen besser vernetzen, optimieren und ergänzen. Dafür liefere die Sozialstudie eine gute Grundlage.

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