Populistischer Papiertiger auf dem Sprung

Mit »pro Berlin« versucht sich eine neue Partei mit antiislamischen Parolen am rechten Rand in der Hauptstadt zu etablieren

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 4 Min.
Könnte bald auch in Berlin nötig werden: Kölner Bürger zeigen im Mai 2009, was sie von »pro Köln« halten. Foto: dpa
Könnte bald auch in Berlin nötig werden: Kölner Bürger zeigen im Mai 2009, was sie von »pro Köln« halten. Foto: dpa

Das Ziel ist Präsenz – in den Medien, den öffentlichen Debatten. Dafür nutzen rechte Populisten jede Chance. »Wir, die Bürgerbewegung pro Deutschland, verfolgen Ihr couragiertes Auftreten mit großem Interesse, Respekt und Anerkennung«, heißt es in einem jüngst veröffentlichen »offenen Brief« von »pro Deutschland« an den ehemaligen Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD). Mit dem Schreiben versuchen sich die Rechtspopulisten um den Kölner Verleger Manfred Rouhs nicht nur an Sarrazins umstrittene Statements anzubiedern und um Öffentlichkeit zu buhlen, sondern es ist auch der Wunsch erkennbar, mit einer Person wie Sarrazin einen Frontmann zu gewinnen, mit dem man in Berlin erfolgsversprechend in den Abgeordnetenhauswahlkampf 2011 ziehen könnte.

Bisher sind solche Versuche in der Hauptstadt meistens grandios gescheitert, der Einzug der Republikaner mit einem ausländerfeindlichen Wahlkampf ist über 20 Jahre her. Große Töne ist man indes aus dem Lager von »pro Deutschland« seit Jahren gewöhnt. Geschehen ist dagegen wenig: Zu den Treffen der Organisation erscheinen in Berlin nur wenige Dutzend Personen, sonstige Aktivitäten sind ebenfalls nicht bekannt. Von den angeblich »4000 Unterstützern«, die nach Eigenangabe alleine in der Hauptstadt vorhanden sein sollen, hat man jedenfalls noch nichts gesehen. »Wir konnten bislang keine konkreten Aktivitäten feststellen«, sagte auch die Sprecherin des Berliner Verfassungsschutzes, Isabelle Kalbitzer, gegenüber ND.

Dennoch könnte der Populismus von Rechtsaußen demnächst mehr in den Fokus rücken. Im Laufe des März will sich nämlich der hauptstädtische Ableger der pro-Parteien gründen: »pro Berlin«.

Als Unterstützer konnten die Rechtspopulisten den deutsch-schwedischen Rechtsextremisten Patrik Brinkmann gewinnen, der auch als Vorsitzender von »pro Berlin« in den Wahlkampf 2011 ziehen will. Vor allem aber bringt der Unternehmer, der bis vor Kurzem bei der DVU mitmischte und seit Jahren eine rechtsextreme Stiftung betreibt, das nötige Kapital für einen ressentimentgeladenen Wahlkampf mit. Von angeblichen Geldern in »siebenstelliger« Höhe schwadroniert »pro Deutschland« auf seiner Homepage.

Ängste, dass der Schwede Brinkmann in seiner im Jahr 2007 gekauften Villa in Zehlendorf ein rechtsextremes Hauptquartier seiner »Kontinent Europa Stiftung« einrichten könnte, hatten sich allerdings als übertrieben erwiesen. »Die Stiftung entpuppte sich als ein totaler Papiertiger«, sagt Ulli Jentsch vom antifaschistischen Pressearchiv (apabiz). Jentsch, der sich mit den »pro-Parteien« auch wissenschaftlich auseinandersetzt, sieht die neuen Gründungspläne dennoch mit Argwohn: »pro Berlin könnte eine Lücke füllen, die zwischen der NPD und der CDU klafft.« Gerade mit antiislamischen Vorurteilen vermochten die rechtspopulistischen Pendants in Nordrhein-Westfalen immer wieder zu punkten. Zuletzt erreichte etwa »pro Köln« 2009 bei den Kommunalwahlen 5,4 Prozent der Stimmen.

Ob solche Erfolge auch in Berlin möglich sind, hängt indes von vielen Faktoren ab. Strukturell wird sich wahrscheinlich auch der geplante Berliner Ableger von rechtsextremen Parteien wie der NPD abgrenzen, inhaltlich stellen sich allerdings viele Überschneidungen dar. »Pro deutschland vertritt rassistische Positionen«, erläutert Jentsch. Beispielsweise dann, wenn ein homogenes »Staatsvolk« konstruiert werde, um aufzuzeigen, dass es Menschen gibt, die hier angeblich nicht hingehören. Ähnlich ausländerfeindliche, aber vor allem islamfeindliche Parolen finden sich in der Programmatik »Fünf Punkte für Berlin« von »pro deutschland« zuhauf.

Interessant wird die Reaktion der anderen rechten Gruppierungen sein, die mit ähnlichen Positionen Stimmung machen. Wie wird sich etwa die islamfeindliche Organisation »Pax Europa« verhalten, deren Berliner Landesvorsitzender, der CDU-Abgeordnete René Stadtkewitz, vor Kurzem mit Austritt drohte, weil er seine Ressentiments in der CDU nicht mehr vertreten sah?

Ganz rechtsaußen bei der NPD sorgt offenbar bereits die bloße Ankündigung einer Neugründung für Aktivität. Der im vergangenen Jahr arg gebeutelte Landesverband will sich jetzt einen neuen Vorstand verpassen und auch wieder aktionistisch in Erscheinung treten. Geplantes Hauptthema: Antiislamismus. Aufhorchen lässt dabei die Ankündigung der Berliner NPD, grundsätzlich bereit zu sein, »mit allen zusammenzuarbeiten«. Dieses Angebot wird die zu gründende »pro Berlin-Partei« aber sicher kalt lassen. Schließlich befehdet sich der Kölner Manfred Rouhs, der früher selber bei den Jungen Nationaldemokraten war, seit Jahrzehnten mit der NPD.

Für zivilgesellschaftliche Beratungsprojekte bedeutet das mögliche Auftauchen einer rechtspopulistischen Gruppierung dennoch das frühzeitige Erwägen von wirksamen Gegenstrategien. »Wir hoffen, in Analogie zur Verständigung aller demokratischen Parteien zur Abgrenzung gegenüber der NPD beim Wahlkampf 2006, einen ähnlichen Beschluss zu ›pro Berlin‹ für 2011 zu erreichen«, sagt Annika Eckel von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR). Zunächst müsse man aber abwarten, wie sich die Sache weiterentwickelt.

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