Parkerweiterung mit Abstrichen

Kompromiss beim Ausbau um den Mauerpark in Sicht / LINKE und Bürgerinitiative unzufrieden

Zu jeder Jahreszeit gut genutzt: der Mauerpark
Zu jeder Jahreszeit gut genutzt: der Mauerpark

Bislang waren die Positionen festgefahren, doch jetzt kommt Bewegung in die Verhandlung um den Ausbau des Mauerparks. Ephraim Gothe, Stadtbaurat in Mitte, ringt mit der Immobilienfirma Vivico seit Jahren um eine gütliche Einigung. Vivico möchte bauen, das öffentliche Anliegen ist jedoch mehr Grünfläche. Nachdem Gothe im November einen Vorschlag präsentierte, der Wohnblocks entlang des Parks vorsah, gab es heftige Proteste. Nutzungskonflikte seien programmiert, meinten Bürger, die um das legere Parkleben fürchten.

Nun hat der Stadtentwicklungsausschuss des Bezirks Mitte einen Vorschlag der SPD und der Grünen angenommen. Demnach soll auf der vorgesehenen Erweiterungsfläche für den Mauerpark von der Bernauer bis zur Gleimstraße nur noch am nördlichen und südlichen Ende gebaut werden. »Gebäude, die an den Park grenzen, dürfen ausschließlich gewerblich genutzt werden«, erläutert Frank Bertermann von den Grünen. Dies soll Streitigkeiten zwischen Anwohnern und Parknutzern vorbeugen. Als Ausgleich dafür wird der Immobilienfirma nördlich des Gleimtunnels Fläche für ein Wohnquartier zur Verfügung gestellt.

Soweit die Ausschussvorlage, über die am 18. Februar die Bezirksverordnetenversammlung Mitte abstimmt. Bertermann ist zufrieden mit dem Kompromiss, komme er doch der Planung des Architekten Gustav Lange nahe, der in den 90er Jahren einen Wettbewerb mit seinem Entwurf einer Parkgestaltung gewonnen hat. Dieser sieht eine Fläche von insgesamt 14 Hektar vor. »Acht Hektar hat der bestehende Park. 5,6 bis 5,8 Hektar werden hinzukommen«, erklärt Bertermann. Ephraim Gothe spricht dagegen von einer Fläche von nur 5,5 Hektar, und diese Abweichung macht den Stand der Verhandlungen deutlich: Der Antrag im Ausschuss ist sehr vage formuliert. Noch ist nichts beschlossen. »Niemand weiß, ob sich dort Hotels mit ihren Terrassen die Hand reichen und eine kommerzielle Biergartenmeile entsteht. Auch das würde die bisherige Kultur im Park kippen lassen«, befürchtet Heiner Funken von der Bürgerinitiative »Mauerpark fertigstellen«.

Sven Dietrich von der LINKEN hält den Flächentausch mit der Vivico für Mauschelei, die ihn an längst überwundene Zeiten der Stadtplanung erinnert. Die Immobilienfirma schlage in den Verhandlungen Baurecht heraus, womit alle bisherigen Planungen auf den Kopf gestellt würden. Denn die Areale nördlich und südlich des Gleimtunnels sind nach dem Flächennutzungsplan als Grünfläche ausgegeben. Daran soll auch nach Auffassung von Claudia Hilse (CDU) nicht gerüttelt werden. »Es gibt keine Verpflichtung, darauf zu verzichten«, meint sie.

Auch die Christdemokraten in Mitte drängen wie die LINKE und die Bürgerinitiative darauf, dass der Senat das Grundstück kauft, um anschließend die Parkgestaltung nach den Lange-Plänen zu vollenden. »Das wäre die sauberste Lösung«, meint Dietrich. Allerdings gebe es dafür keine Mehrheit im Abgeordnetenhaus, gibt Frank Bertermann zu bedenken. Deshalb bliebe nichts Anderes übrig, als mit der Vivico zu verhandeln.

Baustadtrat Ephraim Gothe hat mittlerweile schon mehr als ein Dutzend Vorschläge entwickelt. Er versucht, den kommerziellen Interessen von Vivico sowie denen der Bürger nachzukommen. Eine Lösung zu finden, die alle zufrieden stellt, ist nicht einfach. Indes drängt die Zeit. Denn die Allianz-Stiftung unterstützte den ersten Bauabschnitt des Mauerparks mit 4,5 Millionen D-Mark und knüpfte daran eine Forderung: Bis Ende 2010 soll der Park um mindestens zwei Hektar erweitert werden. Andernfalls müssen die Gelder zurückgezahlt werden.

Wie eine Wohnsiedlung nördlich der Gleimstraße gestaltet wird, darüber gibt es noch keine konkreten Pläne. Bisher ist das Areal eine Brache. In den leeren Garagen treffen sich die Jugendlichen aus dem Brunnenviertel, und im Sommer finden zwischen Ahornhain und Schrottplatz halblegale Elektro-Partys statt. Baustadtrat Gothe möchte, dass sich dort Wohngruppen ansiedeln, der Architekt Gustav Lange plädiert für studentische Heime. Die Grünen legen auf autofreies Leben Wert, weil die Erschließung problematisch ist. Der Verein »Freunde des Mauerparks« schlägt sogar einen Teilabriss des denkmalgeschützten Gleimtunnels vor, um das Quartier zu erschließen. Für Sven Dietrich eine weitere Katastrophe. Eines ist sicher: Auch um dieses Gelände gibt es noch viele Diskussionen.

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