Neuer Zwist um Falklandinseln

Aussicht auf reiche Öllager spitzt den alten Konflikt Großbritannien-Argentinien zu

  • Reiner Oschmann
  • Lesedauer: 2 Min.
Die Falklandinseln im eisigen Südatlantik entwickeln sich wieder einmal zu einem heißeren Zankapfel zwischen den Kontrahenten Großbritannien und Argentinien. Mitte Februar wird vor der unwirtlichen Inselgruppe mit ihren rund 3000 Einwohnern (inoffizielle Nationalkleidung: Anorak und Gummistiefel) die Bohrinsel »Ocean Guardian« erwartet, um gut 150 Kilometer vor der der Nordküste Probebohrungen nach Erdöl aufzunehmen.

Der britische »Guardian« zitiert unlängst jüngste geologische Untersuchungen, denen zufolge Vorräte im Umfang von »bis zu 60 Milliarden Barrel unter dem Seebett um das britische Territorium lagern, eine Bonanza, die die für Schafe, Fisch und Abgeschiedenheit berühmten Inseln umkrempeln« könnte.

Das britische Unternehmen Desire Petroleum hat die Bohrinsel gemietet und wird sie im weiteren Verlauf des Jahres an drei andere britische Firmen, die gleichfalls Bohrlizenzen besitzen, verleihen. Ben Romney, Sprecher von Desire Petroleum, erklärte jetzt: »Mit dem Anstieg der Erdölpreise und der weltweiten Suche nach neuen Öl- und Gaslagerstätten ist es inzwischen mehr als wirtschaftlich vertretbar, mit den Arbeiten hier zu beginnen. Bis Jahresende sollten wir in jedem Fall Gewissheit haben, ob eine Ölförderung in großem Stil beginnen kann.«

Kaum überraschend will Argentinien dieses Ergebnis nicht abwarten. Der südamerikanische Staat, der die Falklandinseln als Islas Malvinas bezeichnet, mag zwar den britisch-argentinischen 73- Tage-Krieg im Frühjahr 1982 verloren haben, die Souveränität über »Las Malvinas« beansprucht Buenos Aires unverändert.

Außenminister Jorge Taiana nannte das britische Vorgehen im Zusammenhang mit der jüngsten Entwicklung »illegal« und »eine Verletzung unserer Souveränität. Wir werden alles Menschenmögliche unternehmen, um unsere Rechte zu verteidigen und zu bewahren.«

Vor wenigen Tagen zitierte Argentiniens Regierung den ranghöchsten britischen Diplomaten – der Botschafter selbst war nicht im Lande – zur Übergabe einer Protestnote zu sich. Laut »Guardian« soll Buenos Aires einheimische Ölgesellschaften vor Erkundungen in den Gewässern um die Falklandinseln gewarnt haben. Es gebe »Gerüchte, Argentinien könnte zivile Schiffe benutzen, um die Arbeit der Bohrinsel zu stören«.

Die britische Regierung wies den Protest erwartungsgemäß ab. Es sei lang geübte Praxis, dass die lokale (britische) Regierung in Stanley ihre Erdölindustrie innerhalb der Inselgewässer entwickle. London rechne jedenfalls »nicht mit militärischen Vorstößen der Argentinier«.

Argentinien erhebt Anspruch auf die Inselgruppe, die sich neuerdings auch als »Tor zur Antarktis« vermarktet, seit Großbritannien die Eilande im Jahre 1833 okkupierte. Die Niederlage im zehnwöchigen Krieg 1982 zwischen der damaligen argentinischen Militärjunta und der britischen Seite unter Premierministerin Margaret Thatcher hat die argentinischen Gefühle der Demütigung und Benachteiligung weiter angeheizt. Sie sind in den Folgejahren kaum geringer geworden, als die Inselgruppe in Verbindung mit neuen, ausgeweiteten Fischereilizenzen einen wirtschaftlichen Aufschwung nahm.

Für den Fall, dass die beabsichtigten Probebohrungen rund um die Falklands fündig oder gar ergiebig sein sollten, dürfte eine neuerliche Zuspitzung des britisch-argentinischen Konflikts so gut wie sicher sein.

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