Aktion Geisterstadt

Das bayerische Kitzingen sucht Investoren für seine verlassene US-Basis

  • Theresia Keupp, dpa
  • Lesedauer: 2 Min.
Schon fast vier Jahre ist es her, dass das US-Militär seinen Stützpunkt in der unterfränkischen Stadt Kitzingen verlassen hat. Seitdem herrscht auf dem ehemaligen Militärgebiet Tristesse: Leerstehende Wohnbaracken, verfallende Kasernen. Jetzt wurde das Thema zur Chefsache erklärt.

»Es muss endlich etwas passieren, die Grundstücke verlieren jeden Tag an Wert«, sagt Landrätin Tamara Bischof (Freie Wähler). Eine Konferenz im Juni soll Investoren in das verlassene Militärgelände locken. Das vor allem als Weinstadt bekannte Kitzingen will sich als attraktiver Industrie-Standort präsentieren.

Die Stadt wünscht sich insbesondere die Ansiedlung von produzierendem Gewerbe, um Arbeitsplätze zu schaffen. Außerdem sollen nach dem Stadtentwicklungsplan ein Gewerbegebiet sowie ein Wohn- und Bildungsstandort entstehen. Neben regionalen Unternehmen sollen bei der europaweiten Ausschreibung auch internationale Konzerne gewonnen werden. Vor allem Unternehmen aus dem Bereich der erneuerbaren Energien hätten bereits Interesse am Standort Kitzingen gezeigt. Die Wiederbelebung des Geländes stellt Kitzingen vor eine große Herausforderung. 400 Hektar, also zehn Prozent der gesamten Stadtfläche, wurden bis 2006 von den Amerikanern genutzt und müssen nun neu bebaut werden. Grundstückseigentümer ist der Bund, die Vermarktung liegt bei der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIma). Bisher ist die Nachfrage, wie es heißt, »relativ verhalten«. Ein Hindernis bei der Investorensuche sind die Altlasten im Boden.

Ein Kauf des gesamten Geländes von der BIma für 1,3 Millionen Euro kommt für Kitzingen nicht in Frage. »Das könnten wir uns finanziell gar nicht leisten«, erklärt Oberbürgermeister Siegfried Müller (Unabhängige soziale Wählergruppe). Allein der ehemalige Militärflugplatz weckt das Kaufinteresse der Stadt, um dort einen Landeplatz für Privat- und Kleinflieger zu schaffen. Das umliegende Naturschutzgelände hat nach Müllers Worten für die Stadt »Nullwert«.

In Kitzingen waren zu Spitzenzeiten 15 000 Soldaten stationiert – und das bei nur rund 21 000 Einwohnern. »Jeder Zweite im Stadtbild war Amerikaner«, sagt Müller. Mit deren Wegzug brach die Wirtschaft ein. Einzelhandel, Gastronomie und Taxigewerbe litten am stärksten, der Immobilienmarkt kollabierte.

Die USA haben ihre Truppen in Deutschland in den letzten Jahren gerade in Bayern stark reduziert, Standorte wie Fürth, Augsburg oder Würzburg wurden geschlossen. Der Abzug bedeutet für viele Städte wirtschaftliche Probleme.

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