Böhmer plädiert für Teilzeit-Landtag
Sachsen-Anhalts Opposition protestiert
Magdeburg (dpa/ND). Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) hat Sympathie für ein Teilzeitparlament bekundet und damit heftigen Widerspruch bei der Opposition ausgelöst. LINKE und FDP wiesen die Äußerungen am Dienstag in Magdeburg in ungewohnter Schärfe zurück. Böhmer begründete seine Position auch damit, dass der Landtag nicht mehr so viele Dinge zu erledigen habe wie in den ersten Jahren nach der Wende. »Der Vorschlag ist nachvollziehbar, dass auf der Ebene der Länder Teilzeitparlamente ausreichen«, so der CDU-Politiker.
Abgeordnete könnten ihrem eigentlichen Beruf nachgehen und für die Tätigkeit im Landtag freigestellt werden. »Das ist eine Überlegung, die ich auch aus demografischen Gründen nicht abwegig finde«, meinte Böhmer mit Verweis auf ähnliche Regelungen in Stadtstaaten. Linksfraktionschef Wulf Gallert bezeichnete Böhmers Äußerungen als »schlichtweg absurd«. Der Bezug auf die Teilzeitparlamente in Hamburg und Berlin führe in die Irre, weil die Stadtstaaten in einer anderen Situation seien. »Der Ministerpräsident sollte sich in Erinnerung rufen, dass die Abgeordneten des Landtages Politik zu gestalten und zu vermitteln und natürlich das Regierungshandeln zu kontrollieren haben.«
Die FDP warf Böhmer, der auch ein Landtagsmandat hat, eine »verdrehte Wahrnehmung« vor. »Auch wenn der Ministerpräsident seinem eigenen Mandat nicht die volle Arbeitskraft widmet, gilt dies noch lange nicht für die Mehrheit der Abgeordneten«, erklärte der FDP-Fraktionschef Veit Wolpert. Regierungschef Böhmer erwecke schon lange den Eindruck, dass die Arbeit der Volksvertretung lästig und hinderlich sei. Die Menschen hätten »ein Recht auf professionell arbeitende Volksvertreter«. Auch aus Mecklenburg-Vorpommern kam Protest: Dort gingen sowohl die Regierungsfraktionen SPD und CDU als auch die oppositionelle LINKE auf Distanz.
Böhmer begründete seine Haltung auch damit, dass der Landtag zu häufig über Dinge debattiere, über die er gar nicht zu entscheiden habe. Viele Themen hätten eine »allgemeine politische Bedeutung«, sagte er. »Aber die gehören nicht in die Entscheidungsbefugnisse des Landtags.«
Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln
Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.