• Kalenderblatt

Bergmann

  • Andreas Herbst
  • Lesedauer: 2 Min.

»Karl Hans Bergmann, Berlin-Wil- mersdorf, Laubenhei-mer Str. 1, wird we- gen parteischädigenden Verhaltens aus der SED ausgeschlossen.« So geschehen Ende Dezember 1949. In seinen Erinnerungen »Der Schlaf vor dem Erwachen« (2003) berichtet der vor 100 Jahren am 17. März in Berlin geborene Arztsohn auch darüber, wie es zu diesem Ausschluss kam.

Nach dem Studium der Geschichte und Theaterwissenschaften wurde Bergmann Foto: privat) 1931 Dramaturgie-Assistent an der Berliner Volksbühne und Mitglied der KPD. Hier lernte er Brecht, Busch und Piscator kennen. Erst 21 Jahre alt, übernahm er die RGO-Gruppe Film-Bühne-Musik und führte diese in die Illegalität. Bis März 1935 im Widerstand gegen das NS-Regime, dann festgenommen und im Januar 1936 zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, an die sich noch zwei Jahre in den KZ Dachau und Sachsenhausen anschlossen. Nach seiner Entlassung arbeitete er als Bibliothekar beim Reichsverband der Automobilindustrie und hatte in dieser Zeit Verbindung zur Widerstandsgruppe um Beppo Römer. Vor erneuter Festnahme im Oktober 1942 flüchtete er in die Schweiz und arbeitete aktiv in der Bewegung Freies Deutschland (BFD), deren Leiter er wurde; zugleich war er Redakteur der gleichnamigen Zeitung.

Nach der Befreiung kehrte Bergmann hoffnungsvoll nach Deutschland zurück. Das seine »Karriere« bereits vor den Anfang der 50er einsetzten Säuberungen endete, lag daran, dass er eigenständig denken und handeln und nicht nur gegebene Aufträge treu und unkritisch erfüllen wollte. Als er es z. B. wagte, den populären KPD-Volkskalender ohne die geforderte Sowjetpropaganda herauszugeben, wurde er aus dem ZK entlassen. Bis 1949 Lizenzträger und Wirtschaftsdirektor der DEFA, war er später Leiter des Deutschen Filmverlages. Aber auch auf diesem Arbeitsplatz waren ihm nur wenige Monate vergönnt. Anfang Januar 1950 teilte ihm die Berliner Landesparteikontrollkommission mit, er sei »wegen parteischädigenden Verhaltens« aus der SED ausgeschlossen. In der Folge arbeitete Bergmann als freier Mitarbeiter für die amerikanische »Neue Zeitung«, später war er Abteilungsleiter bei den »Berliner Filmfestspielen« und bis 1968 Geschäftsführer der »Freien Volksbühne«. Bergmann starb 2007.

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