Guter Rat für Arme soll teurer werden

Einige CDU-geführte Länder drängen darauf, die Gebühren für Rechtsberatungshilfe anzuheben

  • Marian Krüger
  • Lesedauer: 2 Min.
Wer sich in Deutschland keinen Anwalt leisten kann, hat Anspruch auf staatliche Unterstützung. Nach dem Beratungshilfegesetz können sich Bürger von Anwälten Rat holen, die zur Beratungshilfe verpflichtet sind. Einige CDU-Ministerpräsidenten wollen nun die Zugangshürden zur Beratungshilfe kräftig anheben.

Ohne die Beratungshilfe könnten viele Betroffene kaum Widersprüche gegen zweifelhafte Hartz-IV- oder Rentenbescheide einlegen. Auch in anderen Bereichen wie im Arbeits- und Familienrecht oder bei Schadensersatzansprüchen können sich bedürftige Bürger anwaltlichen Rat holen oder sich außergerichtlich vertreten lassen. Der Bürger bezahlt dafür einen Beitrag von 10 Euro, den Rest der Anwaltsrechnung übernehmen die Justizkassen der Länder. Die Beratungshilfe wurde 1981 eingeführt. Während es damals bundesweit 12 000 Beratungsfälle und nur 10 000 Vertretungsfälle gab, waren es 2007 schon 450 000 Vertretungsfälle und 163 000 Beratungsfälle.

Nun wollen einige CDU-Ministerpräsidenten mit Hinweis auf steigende Kosten die Zugangshürden zur Beratungshilfe anheben. Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und Schleswig-Holstein haben im Bundesrat dazu den Antrag gestellt, den bestehenden Beitrag für Beratungsgespräche zu verdoppeln und außerdem eine zusätzliche Gebühr für außergerichtliche Vertretungen von 20 Euro einzuführen. Wer also ein Beratungsgespräch führt, um seinen Hartz-IV-Bescheid zu überprüfen, und danach den Anwalt bittet, einen Brief an das Jobcenter aufzusetzen, müsste dann 40 Euro berappen, statt bisher 10.

Zur Begründung dieser Beitragserhöhung wird erneut das Missbrauchsargument ins Feld geführt. So spricht die Justizministerin von Sachsen-Anhalt, Angela Kolb (CDU), gerne von dem Fall, in dem ein Mandant einen Anwalt beauftragt, ein Schreiben zur Herausgabe einer schwarzen Thermoskanne aufzusetzen. Der Empfänger des Briefes erklärte sich dann bereit, die Kanne herauszugeben. Dadurch sollen der Justizkasse knapp 250 Euro Kosten für das Anwaltshonorar entstanden sein. Nach Angaben des Bundesamtes für Justiz beliefen sich die Ausgaben der Länder für die Beratungshilfe 2007 auf 85,6 Millionen Euro. Im selben Jahr gab es wegen strittiger Hartz-IV-Bescheide fast 100 000 Verfahren vor den Sozialgerichten und 775 000 Widersprüche gegen die Jobcenter, wovon fast die Hälfte erfolgreich war.

Dass mit der Beratungshilfe nicht vertretbare Anwaltshonorare für Bagatellfälle produziert werden, ist zudem mit den Fallzahlen nicht zu stützen. Rechnet man einmal nach, so entstanden 2007 für alle Vertretungs- und Beratungsfälle durchschnittlich 140 Euro Kosten pro Fall. Eine gesalzene Anwaltsrechnung dürfte anders aussehen. Kommentar Seite 4

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