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Perspektive Kinderpflegerin

Ein Münchener Projekt widmet sich der Ausbildung sozial benachteiligter junger Frauen

  • Doris Richter, epd
  • Lesedauer: 3 Min.
Seit drei Jahren begleiten die Mitarbeiter des Münchener Projekts

»MinA« junge, sozial benachteiligte Mütter bei ihrer Ausbildung zur Kinderpflegerin. Junge Mütter in schwierigen Lebenssituationen bekommen so wieder eine Perspektive. Ausbildungen im Erziehungsdienst, in Sozialpflege und Hauswirtschaft würden auf dem Arbeitsmarkt dringend benötigt, heißt es bei »MinA«. Mit der Möglichkeit nach erfolgreichem Ausbildungsabschluss auch den Mittleren Schulabschluss zu erreichen, seien diese Ausbildungen im besonderen Maße für Benachteiligte geeignet.

München. Mit Kindern zu arbeiten, war schon immer Tatjana Kielmanns Traum. Doch irgendwie kam alles anders. Nach dem Hauptschulabschluss wurde sie ungeplant schwanger. Schon vor der Geburt ihres Sohnes Jeremy ging die Beziehung zu dem Vater des Kindes in die Brüche. »Ich war total unglücklich und depressiv«, sagt die junge Frau heute. Sie versuchte, sich finanziell über Wasser zu halten, jobbte als Tagesmutter. In Gedanken jedoch hing sie weiter an ihrem Traumberuf. Dann erfuhr Tatjana Kielmann vom Münchner Ausbildungsprojekt »MinA«.

Seit drei Jahren begleiten die Mitarbeiter des Projekts junge, sozial benachteiligte Mütter bei ihrer Ausbildung zur Kinderpflegerin. Das Projekt gibt jungen Müttern in schwierigen Lebenssituationen wieder eine Perspektive. Sozialpädagogen stehen den Frauen während ihrer Ausbildung zur Seite. Die Mütter wählen Experten zufolge einen aussichtsreichen Beruf, denn Personal für Kindertageseinrichtungen wird derzeit überall händeringend gesucht.

Gute Chancen auf einen Job

»Um Kinderpflegerin zu werden, brauchen die Frauen nur einen Hauptschulabschluss, aber die Entwicklungspotenziale sind groß«, sagt MinA-Leiterin Christina Heydenreich. So könnten sie nach der zweijährigen Ausbildung noch eine weitere draufsatteln, etwa zur Erzieherin. Zudem seien die Aussichten auf eine Anstellung gut, denn mit dem Ausbau der Kinderbetreuung bis zum Jahr 2013 werde überall Personal gesucht.

»Wir kümmern uns nur um Mütter, die wirklich unsere Hilfe brauchen«, sagt Mitarbeiterin Ariane Nestlinger: »Sonst könnten wir uns vor Bewerberinnen nicht mehr retten.« Viele seien alleinerziehend, bekommen keinen Unterhalt vom Vater ihres Kindes, haben Schulden und oft eine schwierige Schullaufbahn hinter sich. »Andere kommen aus dem Ausland, haben sogar Abitur, aber große sprachliche Probleme«, sagt Anita Nestlinger.

14 Frauen werden derzeit in dem Projekt betreut. Sie sind zwischen 18 und 27 Jahren und haben keine abgeschlossene Ausbildung. Projekt-Mitarbeiterin Nestlinger lobt die hohe Motivation der jungen Frauen. Es sei erst zweimal vorgekommen, dass eine Teilnehmerin ihre Ausbildung abgebrochen habe.

Tatjana Kielmann muss spätestens um sechs Uhr aufstehen, Frühstück machen, ihren Sohn Jeremy in den Kindergarten bringen, um dann selbst um acht Uhr die Schulbank zu drücken. Bis 15 Uhr dauert der Unterricht. Dann holt sie Jeremy vom Kindergarten ab. Anschließend spielt sie mit ihm, macht Abendessen, bringt ihn ins Bett, erledigt die Hausarbeit und setzt sich dann an den Schreibtisch, um zu lernen.

Kein Geld von der Stadt

Doch die Zukunft von MinA sei ungewiss, berichtet Christina Heydenreich. Bis zum 31. August dieses Jahres wird das Projekt von der »Aktion Mensch« gefördert, den Rest der Kosten trägt der Verein Spectrum. Wie es jedoch weitergehe, sei unklar. Denn obwohl überall Kinderpfleger gesucht würden, gebe es für das Projekt kein Geld von der Stadt oder der Agentur für Arbeit.

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