Akzentfrei regieren

Saar-Haushalt: Finanzminister fährt auf »abgefahrenen Reifen«

  • Oliver Hilt, Saarbrücken
  • Lesedauer: 3 Min.

Der erste Haushalt der »Jamaika«-Ko- alition im Saarland steht ganz im Zeichen drückender Schulden und fehlenden Gestaltungsspielraums.

Am Mittwochabend soll der erste Haushalt der »Jamaika«-Regier- ung im Saarland endgültig unter Dach und Fach sein. Zuvor werden sich die 51 Angeordneten im saarländischen Landtag einen Schlagabtausch über Ausgaben von rund 3,5 Milliarden Euro und die von Schwarz-Gelb-Grün geplante Neuverschuldung von rund 1,1 Milliarden Euro liefern. Am Ende des Jahres wird das Saarland einen Schuldenberg von rund elf Milliarden Euro aufgetürmt haben.

Finanzminister Peter Jacoby (CDU) hat bereits während den Haushaltsberatungen gebetsmühlenartig das Wort von den »abgefahrenen Reifen«, aus denen man keine Luft mehr rauslassen könne, bemüht. Die Opposition spricht von einem »Dokument der Hilflosigkeit«.

Tatsächlich hat das Land praktisch keine Gestaltungsspielräume. Während zweier Teilentschuldungen hat das Haushaltsnotlageland in strikter Erfüllung der Auflagen die geringste Steigerungsrate der Länderhaushalte ausgewiesen. Von den Gesamtausgaben sind rund 90 Prozent fest gebunden, Gestaltungsspielraum bleibt bei gerade mal 400 Millionen Euro. Dabei hat der oberste Landeskassenwart Sparpotenzial von lediglich 24 Millionen Euro in diesem Jahr ausgemacht. Dazu gehört, dass nur noch jede dritte frei werdende Stelle im Landesdienst neu besetzt werden soll.

Krisenbedingte Einnahmeausfälle auf der einen und Ausgaben für Konjunkturprogramme seien »nicht alltäglich«, betont der Minister. Allein für Zinsen muss er inzwischen knapp eine halbe Milliarde Euro bereitstellen. Da sind zwar rund 260 Millionen Euro als Konsolidierungshilfen im Zusammenhang mit der Schuldenbremse willkommen, aber letztlich zu wenig zum Leben und zu viel zum Sterben. Erst recht, wenn das Land ab dem kommenden Jahr wegen der Schuldenbremse jährlich 70 Millionen Euro sparen muss.

Wie dünn die Luft jetzt schon ist, haben die schwarz-gelb-grünen Regierungsfraktionen nach ihren Haushaltsklausuren dokumentiert. Ihre eigenen gemeinsamen »Akzente« haben gerade mal ein Volumen von 494 000 Euro, darunter 125 000 Euro für Tier- und Artenschutz. Angesichts der Wirtschafts- und Finanzkrise seien eben »Möglichkeiten für zusätzliche Projekte« in einem Umfang eingeschränkt, der »bislang unbekannt« war.

Die LINKE fordert dagegen rund 13 Millionen Euro, um bis zu 3000 öffentlich geförderte Arbeitsplätze zu schaffen. Grundsätzlich sieht ihr parlamentarischer Geschäftsführer Heinz Bierbaum keinen Spielraum für zusätzliche Sparmöglichkeiten. Stattdessen gelte es, die Einnahmen zu verbessern, etwa durch die Einführung einer Vermögenssteuer (»Millionärssteuer«) und die Besteuerung hoher Erbschaften (»nicht der Oma ihr klein Häuschen«).

Ebenso wie die LINKE wirft die SPD den »Jamaikanern« vor, dass dieser Haushalt »keinerlei Hinweise« darauf enthält, wie die ab dem nächsten Jahr geltende Schuldenbremse eingehalten werden soll. Demnach müsste das Land jedes Jahr 70 Millionen Euro einsparen. Die Zustimmung von Ministerpräsident Peter Müller (CDU) zur Schuldenbremse war für SPD-Landeschef Heiko Maas der »größte politische Fehler der letzten Jahre«. Für Maas ist deshalb eine Lösung für den angehäuften Schuldenberg etwa in einem Altschuldenfonds zwingend erforderlich.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal